Homepage: Praxisnähe versus Wissenschaftlichkeit
Potsdamer CDU diskutierte über zeitgemäßes Studium
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Auch in Brandenburg herrscht bereits in einigen Bereichen Fachkräftemangel. Allein im letzten Jahr hätten 12 000 Stellen für Ingenieure nicht besetzt werden können, sagte Götz Friederich, stellvertretender Vorsitzende der CDU-Potsdam am Montag Abend auf einer Diskussionsveranstaltung der Potsdamer CDU. Deshalb stellte er die Frage: „Bilden die Hochschulen marktgerecht aus?“
Die Antwort gab die brandenburgische Wissenschaftsministerin, Johanna Wanka: „Die passgenaue Ausbildung der Studierenden für alle Firmen können Universitäten und Fachhochschulen gar nicht leisten.“ Ihre Aufgabe liege außerdem nicht in der Deckung des unmittelbaren Bedarfs an Fachkräften, sondern sei langfristig angelegt. „Hochschulen müssen gesamtgesellschaftlich agieren“, sagte Wanka.
Da dies im Interesse Brandenburgs ist, habe sie sich stets erfolgreich dafür eingesetzt, mehr Studienplätze für Naturwissenschaftler und Ingenieure zu schaffen. Mit einer leistungsorientierten Finanzierung haben man zudem erreicht, dass sich die Hochschulen stärker am Bedarf der Studenten orientieren. In diesem Zusammenhang wurden die Unternehmen kritisiert. Die Diskussionsrunde, zu der die Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der Potsdamer CDU geladen hatte, war sich einig, dass der Ingenieurmangel abzusehen war. Dennoch hätte die Wirtschaft nichts getan, um junge Menschen für diesen Beruf zu gewinnen.
Den zweiten Schwerpunkt der Debatte bildete der Praxisbezug der heutigen Hochschulbildung. Der ehemalige Vorsitzende des Potsdamer Rings Christlich Demokratischer Studenten (RCDS) und geladener Vertreter der Studierenden, Hans-Wilhelm Dünn, sah ein Problem in dem Zwiespalt der Studenten, zum Einen möglichst schnell ihren Abschluss zu machen. Zum Anderen sollen sie bereits während des Studiums möglichst viel berufliche Erfahrungen sammeln. Als Lösung schlug er vor, dass zukünftig in allen Fächern ein Drittel der Studienzeit als Praktikum absolviert werden soll. Auch wenn viele Teilnehmer die mangelnde Praxisnähe des Studiums kritisierten, konnte sich für diesen Vorschlag niemand begeistern.
Professor Carsten Becker, Direktor des Brandenburgischen Institut für Existenzgründung und Mittelstandsförderung (BIEM), verwies im Gegensatz darauf, dass man die Fähigkeit zum strukturierten, wissenschaftlichen Denken nicht unterschätzen dürfe. Und auch das zu erlernen brauche Zeit. „Eine gewisse Lücke zum betrieblichen Arbeitsalltag muss man einfach akzeptieren“, forderte Becker. Stattdessen solle viel mehr vermittelt werden, dass „jeder Unternehmer seiner selbst ist“. Es gehe darum, dass sich der Einzelne früher über seine berufliche Zukunft Gedanken macht und ein Praktikum nicht nur antritt, weil es die Studienordnung vorschreibt.
In ihrer Ausrichtung auf die Wirtschaft lobte die Ministerin die dualen Studiengänge der Fachhochschulen. Damit hier mehr Plätze angeboten werden können, brauche es mehr Betriebe, die mit ausbilden. Darüber hinaus betonte Wanka, dass es für die Zukunft wichtig sei, den Studenten neben dem Fachwissen wichtige Zusatzqualifikationen zu vermitteln. Hierzu zählen sprachliche Fähigkeiten oder Kompetenzen zur Konfliktlösung. Zugleich wurden jedoch die Probleme deutlich. Durch die Studienreform sind die Anforderungen an die meisten Studenten gestiegen und lassen ihnen weniger Zeit zur Aneignung der sogenannten „soft skills“. Auch die Ministerin musste zugestehen, dass die Umsetzung „teilweise schwierig“ sei. Benjamin Kleemann
Benjamin Kleemann
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