Etwas HELLA: Preußisch korrekt
Hella Dittfeld ärgert sich über den Wochenmarkt auf dem Bassinplatz
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Wochenmärkte haben ein ganz eigenes Fluidum und in manchen Städten oder Dörfern gehören sie sogar zu den Touristenattraktionen. So etwas hat Potsdam natürlich nicht nötig, schließlich kann es mit seinen Schlössern und Gärten punkten. Auch die Potsdamer werden durch das Marktgeschehen gleich hinter der Kirche Peter und Paul nicht unnötig von anderen wichtigen Dingen abgehalten, denn – gezählt an einem Mittwoch – drei Blumenanbieter und acht Obst- und Gemüsestände sind schnell abgeklappert. Und nachmittags wird es noch übersichtlicher, da haben die ersten Stände schon wieder eingepackt – bis auf die mit dem Schnickschnack. Bei den Billigklamotten, Taschen, Tischdecken und diversem Kleinkram kann man sich etwas länger aufhalten, wird aber auch nicht gerade von der Fülle verwirrt. Ein Drittel des Marktplatzes bleibt fast immer leer und lässt den Blick frei auf die denkmalgeschützten Holländerhäuser. Und gerade die sind es doch , die unter anderen geschichtsträchtigen Bauten die Besucher in die Stadt locken.
Dabei hat auch der Wochenmarkt eine beachtliche Geschichte, eine über 130-jährige nämlich. Er war Versorgungsmittelpunkt und eine gute Möglichkeit für die Obst- und Gemüsemucker, ihre Produkte schnell und frisch loszuwerden. So sollte es auch nach der Wende bleiben, da doch überall nur noch „blühende Landschaften“ zu erwarten waren. Die Stadtverordneten beschlossen, den Bauernmarkt an der Kirche zu erhalten und ihn mit Fördermitteln zu perfektionieren. Er bekam neues Pflaster, ausreichend Stromanschlüsse, eine gesetzeskonforme Satzung und ab 1996 eine Fördermittelbindung für 25 Jahre. (Sonst wäre er wohl längst ein immer mehr zugestellter Parkplatz.) Was er nicht bekam, war ein Management. Dafür ist, so die Verwaltungsauskunft, kein Geld da. Deshalb wird bei der Marktbestückung folgendermaßen verfahren: Wer anfragt und die Bedingungen erfüllt, bekommt einen Standplatz. Bis der Markt voll ist – oder auch nicht. Wer nicht kommt, ist eben nicht da. Animiert oder angeworben wird niemand. Dass immer mehr Anbieter von Frischeprodukten wegbleiben – ein Achselzucken. Die kleinen Krauter sterben eben aus, für andere lohnt sich der Markt erst an den Wochenenden.
Wie aber, frage ich mich, bekommen andere Städte Frischemärkte hin, dass einem die Spucke im Mund zusammenläuft? Hat sich zum Beispiel der Türkenmarkt an der Kottbusser Brücke in Berlin von ganz allein so herausgemacht? Da reiht sich Stand an Stand, man wird mit Sonderangeboten geködert und abends gibt es die für Märkte typischen Alles-muss-weg-Verkäufe. Es gibt Kostproben und witzige Zwiegespräche. Mit so viel türkisch-berlinischem Mutterwitz kann Potsdam natürlich nicht mithalten und deshalb besinnt man sich hier auf eigene Werte. Auf dem Bassinplatz wird am Nachmittag preußisch korrekt und zügig eingeräumt. Ordnung muss sein.
An dieser Stelle schreibt alle zwei Wochen Hella Dittfeld über Dinge, die sie erfreuten oder ärgerten und hofft, dass dadurch ihr geliebtes Potsdam etwas heller wird.
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