Landeshauptstadt: „Preußische Tugenden sind kein Humanismus“
250 Teilnehmer bei alljährlicher Ehrung für Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht
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Innenstadt - Die gelben Gerbera der Mitglieder der Wahlalternative für Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG) stachen im Meer der roten Nelken und Rosen heraus. Doch eigentlich war Einigkeit angesagt: Nach der nun endgültig besiegelten Zusammenarbeit der WASG mit der Linkspartei in Brandenburg ehrten die Parteien gestern gemeinsam die 1919 ermordeten Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht.
Traditionell hatte der Potsdamer Kreisverband der Linkspartei.PDS zur Ehrung von Luxemburg und Liebknecht zum Mahnmal „Herz und Flamme der Revolution“ hinter dem Hotel Mercure geladen. Etwa 250 vor allem ältere Menschen – und damit mehr als im vergangenen Jahr – folgten dem Ruf in die Eiseskälte und ehrten am Mahnmal die zwei ermordeten Sozialistenführer mit dutzendfachen Blumengrüßen.
Der Kreisvorsitzende der Linken, Pete Heuer, erinnerte in seiner Rede an Liebknechts Verurteilungen im Namen des Staates: „Ein Urteil über zweieinhalb Jahre Zuchthaus wurde auf vier Jahre verlängert, gleichzeitig strafte man ihn mit zehn Jahren Ehrverlust“, referierte Heuer. „Noch nie wurde vorher über einen Sozialisten wegen seiner politischen Aktivitäten gerichtet“, markierte der Kreisvorsitzende damit den politischen Umschwung Anfang des 20. Jahrhunderts.
Heuer schlug außerdem den Bogen von Karl Liebknechts damaliger Kritik an Preußen bis in die Gegenwart – vor allem, um Brandenburgs Ministerpräsidenten Matthias Platzeck anzugreifen. Dieser hatte sich bereits mehrmals zu preußischen Tugenden bekannt. Jene Werte würden für „Untertanengeist und Militarismus“ stehen, zitierte Pete Heuer aus Liebknechts Schriften über Preußen. „Preußische Tugenden sind kein Humanismus“, so Heuer weiter, unter anderem, weil zwei Weltkriege auch vom preußischen Militarismus abzuleiten seien. „Neonazis vollführen heute ihr Heldengedenken und berufen sich auf diese ehemaligen Werte“, so der Kreischef.
Beifall brandete auf, als er der Forderung Ausdruck verlieh: „Deutschland muss den Antifaschismus im Grundgesetz verankern.“ Heuer erneuerte im gleichen Atemzug seine mittlerweile fast traditionelle Kritik am bürgerlichen und politischen Engagement für einenWiederaufbau der Garnisonkirche.
Gleichsam Gedenken, aber auch Kritik an der politisch etablierten Linkspartei kam von Vertretern der solid-Jugendbewegung, einer unabhängigen, jedoch parteinahen Gruppierung. Mitglied Steffen Kühne forderte, dass der sozialistische Gedanke nicht nur politisch transportiert werden solle, sondern den Weg in die Köpfe der Menschen finden müsse. KG
KG
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