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Landeshauptstadt: Prinzessin ohne Krone, aber mit Flügel

Susann Prinzessin von Preußen übernahm die Patenschaft für Potsdamer Heimkinder – ein „Fulltime-Job“

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Dass die Kinder im Caputher Kinderheim „Anne Frank“ bald einen Flügel haben werden, verdanken sie dem Organisationstalent einer Prinzessin und dem eisigen Winter dieses Jahr. Denn wenn sich Franz Friedrich Prinz von Preußen im Februar nicht erkältet hätte, hätte seine Ehefrau Susann Prinzessin von Preußen nicht für den Urenkel des letzten deutschen Kaisers einspringen müssen. Ein Grußwort sollte sie halten, zur Eröffnung der Eislaufbahn im Krongut Bornstedt.

Als Potsdamerin habe sie gesagt: „Mach ich, aber nur wenn Heimkinder dabei sein dürfen.“ Die Eisbahn wurde dann von 40 Kindern eingeweiht, die in den Einrichtungen der SHBB (gemeinnützige Gesellschaft für Soziale Hilfen in Berlin/Brandenburg) leben. Etwa in den Wohngruppen, in denen Erzieherpaare Kinder wie richtige Eltern betreuen. Vier dieser Mini-Heime für drei bis sechs Kindern mit Familienstruktur gibt es derzeit in der brandenburgischen Landeshauptstadt, zehn betreibt die SHBB insgesamt in Potsdam und Umgebung. Das jüngste Kind, das bei einer SHBB-Ersatzmama wohnt, ist gerade ein Jahr alt, die Ältesten sind 18. So alt sind auch die „Größten“ der 14 Kinder im Caputher SHBB-Kinderheim „Anne Frank“, in dem auch sechs junge Potsdamer leben. Insgesamt betreut die SHBB 70 Kinder, die nicht bei ihren Eltern wohnen können.

Und die Kids sind begeistert, erzählt SHBB-Chefin Ulrike Hart, dass sich nun eine „echte Prinzessin“ für sie interessiert. Noch dazu eine, die tatsächlich wie ein Wesen aus einer anderen Sphäre aussieht: so zart, fast durchscheinend, mit einer gewaltigen schwarzen Lockenmähne bis zum Gürtel. Das Einzige, was fehlt, ist die Krone. Auch ohne muss Susann Prinzessin von Preußen einen tiefen Eindruck bei den Kleinen hinterlassen haben. Nach der Veranstaltung im Krongut bekam sie einen riesigen Umschlag mit Briefen, Bildchen und Fotos. Danach habe sie „das Bedürfnis gehabt, was zu machen“. Sie übernahm die Patenschaft für die Kinder der SHBB. Ihre Aufgabe nimmt Prinzessin von Preußen sehr ernst. Mittlerweile sei ihr Engagement ein „Fulltime-Job“. Denn es gehe ihr „nicht um Selbstdarstellung“, sondern um die Kinder, denen sie sich verpflichtet fühle. Die gebürtige Pritzwalkerin hat nach ihrem Musikstudium lange im Autohaus ihres Vaters gearbeitet, bevor sie vor acht Jahren ihren heutigen Ehemann Franz Friedrich Prinz von Preußen kennen lernte. Der Name „öffnet Türen“. Zum Beispiel in Betriebe, in denen Jugendliche, die sonst nirgends eine Chance hätten, mit ihrer Empfehlung Praktika machen können. Denn zum Teil sind die Kinder der SHBB wegen ihrer „schweren Geschichten beeinträchtigt oder in ihren sozialen Möglichkeiten begrenzt“, so SHBB-Leiterin Hart. Prinzessin von Preußen hat dafür gesorgt, dass ab nächstem Jahr jeweils 20 Kinder in die Ferien auf die Burg Hohenzollern bei Hechingen fahren können – dank ihrer neuen familiären Beziehungen. Denn Reisen sind für Heimkindern nichts Selbstverständliches. Vom Staat erhalten sie nur 150 Euro Urlaubsgeld im Jahr.

Die meiste Zeit der Prinzessin nahm in den vergangenen Tagen aber die Organisation des diesjährigen SHBB-Sommerfestes in Anspruch. Sie mobilisierte Unternehmer wie Siegfried Grube von Rewe im Marktcenter, der Preise für die geplante Tombola sponsert. Ihr wichtigstes Anliegen: Bis zur Feier am 24. Juni sollte das Kinderheim „Anne Frank“ wieder einen Flügel haben. Denn der hatte eigentlich von Anfang an im ehemaligen jüdischen Landschulheim gestanden, das Pädagogik-Reformerin Gertrud Feiertag 1931 gegründet hatte. Im Dritten Reich wurde das Haus Zwischenstation für jüdische Kinder, die ins Exil verschickt werden sollten. Hier wurden sie auf das neue Leben in der Fremde vorbereitet, lernten Englisch oder Hebräisch. Immer aber sangen und musizierten sie. Denn Feiertag wollte vor allem die musischen Fähigkeiten ihrer Schützlinge fördern. Was aus den Caputher Schülern und Lehrern geworden ist, weiß man nur unvollständig. Einige gelangten nach Palästina, die übrigen sind auf der ganzen Welt verstreut. Elf Schüler wurden jedoch in Konzentrationslager deportiert. Auch Gertrud Feiertag kam 1942 nach Auschwitz, starb dort vermutlich in der Gaskammer.

Noch heute aber sei ihr Geist im mittlerweile zum Jugendhilfszentrum ausgebautem Gebäude zu spüren, findet Prinzessin von Preußen. Bei ihrem ersten Besuch im Winter sei ihr darum sofort klar gewesen: „Hier muss wieder ein Flügel hin.“ Also sprach sie den Potsdamer Klavierhändler Andreas Vollbrecht an, der den Kindern prompt eins schenkte. Am 24.Juni soll der neue Flügel in Caputh ankommen. Auf ihrer Party können die Kids dann schon zu Piano-Musik singen. Und vielleicht setzt sich auch „ihre Prinzessin“ an den Flügel, denn Susann Prinzessin von Preußen ist ausgebildete Pianistin.

Juliane Wedemeyer

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