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Transparenz-Diskussion: Privatfirmen herausdrängen, Töchter abschaffen
Die Andere fordert Konsequenzen aus Filz-Affäre. Rücktrittsforderung gegen Jakobs und Exner: Verwaltungsspitze „auswechseln“
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In der politischen Debatte um die Konsequenzen aus der Potsdamer Filz-Affäre hat die Fraktion Die Andere weitreichende Forderungen aufgestellt. Sie sollen in der von Stadtparlament und Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) einberufenen Transparenzkommission, die am morgigen Dienstag zu ihrer aktuellen Sitzung zusammenkommt, diskutiert werden. Gleichzeitig provoziert Die Andere mit Rückrittsforderungen gegen Jakobs und den Finanzbeigeordneten Burkhard Exner (SPD). Neue Satzungen und Regeln, so heißt es in dem Papier der Fraktion, könnten nur Erfolg haben und zu mehr Transparenz führen, wenn sich die Verwaltungsspitze nicht „vor demokratischer Kontrolle“ verstecke. Nachdem der einstige Stadtwerke-Chef Peter Paffhausen seinen Posten geräumt hat, müssten jetzt Oberbürgermeister und Finanzbeigeordneter „ausgewechselt“ werden, so Die Andere.
In der Sache will die Fraktion durchsetzen, dass städtische Unternehmen rekommunalisiert werden. Private Mitgesellschafter, deren Ziel es sei, Gewinne zu erwirtschaften, sollen aus den Stadt-Firmen herausgedrängt werden. Außerdem sollen die zahlreichen Tochterfirmen der städtischen Konzerne wie Stadtwerke, Pro Potsdam und Klinikum wieder in die Mutterunternehmen eingegliedert werden. Nur so könne die Mitbestimmung der Stadtverordneten gesichert werden – denn derzeit sei nicht die Stadt, sondern der jeweilige Stadt-Konzern Gesellschafter der Tochterfirmen.
Die Aufsichtsräte aller „wesentlichen“ kommunalen Unternehmen sollen auf 18 Mitglieder vergrößert werden, damit alle Fraktionen Vertreter entsenden können. Dazu soll eindeutig geklärt werden, dass die Aufsichtsratsmitglieder ihre Fraktionskollegen über Vorgänge und Diskussionen informieren dürfen. Dies ist bisher nicht erlaubt, daher würden die Stadt-Konzerne de facto nicht von allen 56 Stadtverordneten, sondern nur von „fünf bis sechs Stadtverordneten“ kontrolliert, so Die Andere.
Die Forderungen der dreiköpfigen Fraktion sind Zuarbeiten für die „Masterliste“, auf der alle Informationsdefizite aufgezählt werden sollen. Die Liste soll am morgigen Dienstag fertiggestellt werden. Bereits nach der jüngsten Sitzung der Kommission hatte die Vorsitzende, die Berliner Juristin Elke Schaefer, festgestellt, dass die zahlreichen Tochter- und Enkelgesellschaften eine mögliche Quelle der Intransparenz in Potsdam seien. Es müsse geklärt werden, so Schaefer, ob und wie Informationen über Transaktionen dieser Gesellschaften überhaupt noch an den Gesellschafter, die Stadt, gelangten. Potsdam ist laut dem jüngsten Beteiligungsbericht an 46 Unternehmen direkt oder mittelbar beteiligt und hatte zuletzt zwei Eigenbetriebe.
Die Fraktion Die Andere – ihre Stadtverordneten kritisieren seit Jahren die Intransparenz des städtischen Firmengeflechts und haben wiederholt Anfragen zur Aufklärung und Anträge zur Veränderung gestellt – will auch verschiedene neue Regelungen aufstellen lassen, die für mehr Transparenz sorgen. Dazu gehört ein „demokratisches Sponsoringmodell“, bei dem Stadtverordnete und Kunden des städtischen Unternehmens bei Entscheidungen eingebunden werden sowie eine Informationssatzung zum Akteneinsichtsrecht. Auch soll den Stadtverordneten, so rechtlich möglich, ein direktes Auskunftsrecht gegenüber den Chefs der Stadt-Firmen zugesichert werden.
Die Transparenzkommission besteht aus Vertretern der Stadtpolitik, der Antikorruptionsorganisation Transparency International und Fachleuten. Sie soll mit der morgigen Sitzung komplett sein; erwartet werden ein Gesellschafts- und ein Politik- und Verwaltungsrechtler. Die ursprünglich angefragten Experten hatten „aus zeitlichen Gründen“ abgesagt, daher habe sich die Besetzung verzögert. Am 28. September soll die Kommission den Stadtverordneten einen ersten Bericht mit Handlungsempfehlungen vorlegen.
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