
© A. Klaer
Landeshauptstadt: Probleme beim Umzug von Flüchtlingen
Neue Leiterin des Asylheims: Lerchensteig noch nie gesehen / Verdacht: Umzug zu hektisch geplant
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Es ist kaum zu glauben: Die neue Leiterin des Flüchtlingsheims am Schlaatz weiß nicht, wie Potsdamer Asylbewerber bisher gewohnt haben. Das hat die neue Chefin des Plattenbaus an der Alten Zauche gestern dem Sender Potsdam TV gesagt. „Ich kenne die Räumlichkeiten im Lerchensteig nicht“, so Christiane Wahl, die seit zwei Wochen in Potsdam arbeitet.
Der unangenehme Hintergrund für ihr Interview vor der Kamera: Das Stadtfernsehen hatte zuvor über einen der rund 150 Flüchtlinge berichtet, die vom bisherigen Asylbewerberheim Lerchensteig an den Schlaatz ziehen müssen. Der seit 15 Jahren in Deutschland lebende Samir A. kritisierte in dem Beitrag die beengten Wohnbedingungen für sich und seine Familie: „Ich muss nun mit meiner Frau und meinen Kindern in einem Zimmer schlafen, das war vorher nicht so.“ Dazu fürchte er, dass die Unterbringung in einem Wohnblock mit fünf Geschossen zu Konflikten wegen der räumlichen Nähe führen könnte, etwa wenn andere Bewohner im Haus bis tief in die Nacht feiern, während andere schlafen wollen. „Das alte Heim war da viel weitläufiger.“
Vor der Kamera sagte Wahl zu solchen Sorgen, es könne „schon sein“, dass nun weniger Platz zur Verfügung stehe. Sie persönlich plädiere ohnehin für die verstärkte Unterbringung von Flüchtlingen in Wohnungen statt in einer Sammelunterkunft – obwohl sie nun Heimleiterin sei. Zuletzt arbeitete die Sozialpädagogin in einer Berliner Frauenberatungsstelle.
Das Unwissen der neuen Heimleitung über das Leben von Flüchtlingen in Potsdam ist nicht die einzige Merkwürdigkeit des Umzugs. Wie berichtet, muss er bis Ende dieses Monats abgeschlossen sein. Nachdem sich die Stadtverordneten im Februar für die Diakonie als neuen Heimbetreiber entschieden, hatte die Verwaltung überraschend schon in diesem Monat den Vertrag mit der Arbeiterwohlfahrt über den Betrieb des Lerchensteigs gekündigt. Damit muss der Umzug nun zwei Monate eher abgeschlossen sein als ursprünglich geplant. Diakonie-Chef Marcel Kankarowitsch hatte den vorgezogenen Termin damit begründet, die „Vorlaufkosten“ für seinen Verein möglichst gering halten zu wollen: „Wir hätten sonst schon Mietkosten, aber keine Mieter.“
Die so entstandene Eile belastet nun aber offenbar den Umzug, für den das Diakonische Werk Potsdam einen Lieferwagen bereit gestellt hat. Gestern gab es sogar Gerüchte, dass es in den vergangenen Tagen kein Strom und kein Wasser im neuen Gebäude gegeben habe – ein Szenario, dass sich gestern bei einem Rundgang vor Ort jedoch nicht bestätigte. Allerdings sind viele Zimmer noch nicht bezugsfertig, sondern noch voll gestellt mit Umzugskartons. Ebenso wirken die Mitarbeiter vor Ort außerordentlich gehetzt. Zudem sollen nach PNN-Informationen noch rund 90 Flüchtlinge am Lerchensteig gemeldet sein – also deutlich mehr als die Hälfte der Flüchtlinge, die umziehen müssen. Diakonie-Chef Kankarowitsch war trotz mehrmaliger Versuche gestern nicht erreichbar. Henri Kramer
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