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Landeshauptstadt: Professor zieht Anzeige zurück Jurist lässt Entschuldigung gelten

Der Potsdamer Juraprofessor Detlev W. Belling (61) hat seine Strafanzeige wegen Beleidigung und Verleumdung gegen eine Studentin zurückgezogen.

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Der Potsdamer Juraprofessor Detlev W. Belling (61) hat seine Strafanzeige wegen Beleidigung und Verleumdung gegen eine Studentin zurückgezogen. „Ich möchte den beruflichen Werdegang der Studentin nicht mit einer Verurteilung belasten, nachdem sie sich glaubwürdig entschuldigt hat“, erklärte der Dozent der Universität Potsdam gegenüber den PNN. Er hatte die Studentin angezeigt, weil sie ihn in Folge einer Schuldrechtsklausur am Ende des Wintersemesters mit vulgären Schmähungen überzogen hatte. „Nicht nur an der Universität, sondern in der gesamten Gesellschaft ist ein respektvoller Umgang nötig, wenn wir eine gute Zukunft haben und nicht in der Barbarei enden wollen“, sagte Belling dazu. „Dafür zu sorgen, ist eine allgemeine Bildungsaufgabe.“

Die Studentin hatte laut der Anzeige dem Professor vorgeworfen, den Gegenstand der Klausur zuvor nur sehr beiläufig in der Vorlesung erwähnt und als Thema ausgeschlossen zu haben. Ihre wütende Replik hatte sie dann anstatt der Klausur niedergeschrieben und abgegeben. Belling hatte die vulgäre Kommentierung, dass er und sein Kollege sie so sehr in den A*** gef*** hätten, wörtlich genommen. Er sah eine Verleumdung: Die Studentin habe unterstellt, dass er und sein Kollege Sexualverkehr mit ihr gehabt hätten.

Die Universität Potsdam bewertete den Vorfall so, dass die Studentin sich eindeutig im Ton vergriffen habe. In vielen Reaktionen auf den Fall hieß es, dass das Vorgehen der Studentin eine Überreaktion sei. Allerdings wurde auch darauf verwiesen, dass der Professor ebenso überzogen reagiert habe. Unter anderem gab dies die CDU-nahe Studentenliste RCDS zu bedenken. Dass im Zuge der Auseinandersetzung auch von sexueller Belästigung die Rede war, ging den Studierendenvertretern der Uni hingegen zu weit. Gegen einen Diskurs, dass nun auch Männer sexuell belästigt würden, wandte sich Claudia Sprengel, Referentin für Geschlechterpolitik beim Asta der Uni Potsdam. Unter sexueller Belästigung würden bis heute vor allem Frauen leiden.

Vonseiten der Studierenden wurde auch Verständnis für die Situation der Studentin geäußert. „Es spiegelt eine Notsituation gepaart mit Existenzängsten wider, die viele Studenten erleben“, so die AStA-Referentin Sprengel gegenüber Spiegel-Online. Beim RCDS sieht man das ähnlich, auch wenn die Reaktion der Studentin nicht hinnehmbar sei. Der Druck auf Studenten sei heute hoch und nicht jeder sei für ein Studium geeignet. „Offensichtlich handelt es sich hier um eine junge Frau, die der Hilfe und Beratung bedarf“, so der RCDS-Vorsitzende Matthias Kaiser. Er verwies darauf, dass das Bachelor-Master-System den Studierenden kaum Luft zum Atmen lasse. „Wie in der Schule lernt man auswendig, keine Chance, sich zu entfalten, keine Zeit für Fehler“, so Kaiser. Die Studienordnung ändere sich alle zwei Jahre. Kaum jemand blicke mehr durch, weder Studenten noch Dozenten. Allerdings hatte Kaiser auch betont, dass Studierende Einspruch einlegen können, wenn der abgefragte Lehrstoff in der Vorlesung nicht behandelt wurde. Gerade eine Jura-Studentin sollte sich in einem solchen Fall zu helfen wissen. Jan Kixmüller

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