Landeshauptstadt: „Projekt Oberschule“ in Potsdam gescheitert
Erste Zahlen des Anwahlverfahrens veröffentlicht / Kritik an Bildungssystem und Schulentwicklungsplan
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Am Tag der ersten Zahlen des Ü7-Verfahrens sehen einige Potsdamer Schulleiter das Projekt Oberschule in Potsdam als gescheitert an. Denn mit den derzeitigen Anmeldezahlen der Sechstklässler könne keine der acht städtischen Oberschulen aus eigener Kraft neue siebte Klassen eröffnen. Nun wird nach PNN-Informationen davon ausgegangen, dass sich die Zahl der vor einem Jahr im Land Brandenburg als Regelschule eingeführten Oberschule zum nächsten Schuljahr in der Landeshauptstadt halbieren wird.
Die vier frei anwählbaren Gesamtschulen mit gymnasialer Oberstufe sowie drei der vier städtischen Gymnasien gehen nach Auszählung der Erstwünsche dagegen gestärkt aus dem Anwahlverfahren hervor. So wurden vor allem die Gesamtschulen Voltaire und Peter Joseph Lenné öfter angewählt, als sie Schüler aufnehmen können. Auch die Steuben-Gesamtschule habe Schüler für drei Klassen, so Schulleiter Frank Brandt. Ähnlich bei den städtischen Gymnasien: Das Helmholtz- und das Humboldt-Gymnasium haben deutlich mehr Erstwünsche als Kapazitäten. Das Einstein-Gymnasium rechnet laut Schulleiter Dieter Born-Frontsberg damit, genug Schüler für die drei zu eröffnenden Klassen zu bekommen. Nicht äußern wollte sich das Leibniz-Gymnasium Am Stern, jedoch gilt es als gesichert, da die Schüler des Espengrund-Gymnasiums im Sommer 2008 in das Gebäude in der Galileistraße umziehen sollen. Die Potsdamer Stadtverordneten hatten in der vergangenen Woche entschieden, den Babelsberger Standort in zwei Jahren aufgeben zu wollen.
Hoffnungslosigkeit macht sich dagegen an den Oberschulen breit. Die Reaktionen reichten gestern von „das Ergebnis erschüttert mich nicht“ bis hin zu „wir haben keine Hoffnung mehr, Schüler für zwei neue Klassen zu bekommen“. Das staatliche Schulamt als Verantwortliche für das Anwahlverfahren wollen sich am kommenden Mittwoch offiziell äußern, welche Schulen gegebenenfalls keine Schüler bekommen. Bis dahin wird die AG Schulentwicklung der Stadt noch einmal tagen und über die Anmeldezahlen und Konsequenzen daraus diskutieren. Die Stadt müsse nun die Standorte der Zukunft definieren, hieß es gestern. Denn nach dem derzeitigen Schülertal würden in drei bis vier Jahren wieder vermehrt Standorte von weiterführenden Schulen gebraucht.
Schulleiter Dr. Dirk Lenius von der Potsdamer Benz-Oberschule sagte gestern, die Diskussion in der Bildungspolitik des Landes in der Vergangenheit sei verfehlt gewesen. Es sei nur darum gegangen, „welche Wege wie zum Abitur führen“. Die Inhalte der Oberschule als geplante Regelschule seien dagegen kaum diskutiert worden. „Tödlich“ für die neue Schulform sei die Anzahl der vielen Gymnasien und Gesamtschulen in der Stadt, so Lenius. Er will sich nun gemeinsam mit anderen Schulleitern und Pädagogen – womöglich in Zusammenarbeit mit der Universität Potsdam – zusammensetzen und die Möglichkeiten des jetzigen und künftig möglicher Schulsysteme erörtern. Dabei ginge es ihm nicht allein um seine Schule, die im Vorjahr keine siebten Klassen aufnahm und nun wieder vor einer Entscheidung steht, sondern um das Gesamtgebilde eines einheitlichen oder gegliederten Schulsystems. Dr. Vera Paul, Schulleiterin der Luxemburg-Oberschule, erklärte gestern, die Schließung mancher Einrichtungen mit all ihren Konzepten zur Unterstützung von Schülern würden eine Lücke in der Stadt hinterlassen. Jan Brunzlow
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