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Landeshauptstadt: Protest gegen Knabengymnasium

Bündnis 90 / Die Grünen verteilen Postkarten mit Bußgürteln und demonstrieren gegen Opus-Dei-Schule

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Innenstadt - Der Bußgürtel abgebildet auf Postkarten und Zitate aus den Gründungsschriften des Opus Dei – plakativ, öffentlichkeitswirksam und mit allen Ressentiments demonstrierten Mitglieder des Kreisverbandes von Bündnis90 / Die Grünen gestern auf der Brandenburger Straße gegen die geplante Eröffnung eines Knabengymnasiums in Potsdam. Drei Stunden lang verteilten die drei Vorstandsmitglieder Jürgen Stelter, Claudia Brade und Uwe Fröhlich auf der Flaniermeile Karten und Flyer mit dem Slogan „Potsdam sagt Nein zu Opus Dei“.

Im Vordergrund der Ablehnung stehe die Zusammenarbeit mit der katholischen Organisation Opus Dei (Werk Gottes), erklärten die Kommunalpolitiker. „In diesem System wird jedem Jungen ein männlicher Seelsorger zugeteilt. Hauptsorge dieser Tutoren ist, dass sein Schützling den rechten Weg nicht verlässt“, erklären die Bündnisgrünen auf ihren Flyern. Und: „Der Einfluss reicht über die Auswahl von Unterrichtsthemen bis zum Verbot bestimmter Lektüre. Die mittelalterliche Selbstzüchtigung durch Bußgürtel oder Geißel ist noch immer an der Tagesordnung.“ Ziel der Bündnisgrünen ist es, die Gründung der Schule in Potsdam zu verhindern, so Jürgen Stelter. Opus Dei stehe im „eklatanten Widerspruch zu den demokratischen Werten unserer offenen Gesellschaft“, so das Vorstandsmitglied. Das Gymnasium werde eine „Kaderschmiede für Opus Dei“. Darüber müsse informiert werden. Er wolle nicht die Glaubensfreiheit einschränken, hofft jedoch auf eine Absage des Bildungsministerium zu dem Antrag auf Genehmigung einer Schule für die Initiative.

Die Entscheidung über die Zulassung der Schule wird im Ministerium für Bildung, Jugend und Sport nicht auf Grundlage des Glaubens künftiger Schulseelsorger gefällt. Streitpunkt ist die Monoedukation, die Geschlechtertrennung im Unterricht. Das Brandenburger Schulgesetz schreibt koedukative Schulformen vor. Ob dies auch für private Schulen gilt, darüber gibt es unterschiedliche Interpretationen des Gesetzes.

Die Mitglieder der Schulgründung sagen „Nein“ und haben bereits darauf hingewiesen, dass eine negative Entscheidung des Ministeriums juristisch überprüft werden müsste – damit gäbe es die erste Klage gegen die Ablehnung einer Schulgründung in Brandenburg überhaupt. Laut Ministeriumssprecher Stephan Breiding ist es bislang nur einmal zu einer formellen Ablehnung einer Privatschulgründung gekommen, die jedoch juristisch nicht gegen den Bescheid vorgegangen sei. Andere Initiativen, die ebenfalls abgewiesen worden wären, hätten ihre Anträge auf Genehmigung nach Rücksprache vor einem Bescheid zurückgezogen, erklärte Breiding.

Die aktuelle Initiative zur Gründung des Knabengymnasiums bekam seit Bekanntwerden des neuen Anlaufs in Potsdam politischen Gegenwind von Linkspartei.PDS und SPD. Beide versuchen derzeit mit Voten der Potsdamer Stadtverordneten den Grundstückskauf für die geplante Schule zu verhindern. In den Ruinenberg-Kasernen an der Pappelallee sollen in den nächsten Jahren das Knabengymnasium sowie Wohnungen und Gewerbeeinheiten entstehen – derzeit prüft die Verwaltung auf Antrag der SPD, in den kommenden zwei Jahren selbst eine Schule an diesem Standort einzurichten.

Für eine Gründung des Knabengymnasiums setzt sich die Potsdamer CDU seit Wochen ein. Bei der öffentlichen Vorstellung des Projektes in der Pfarrgemeinde St. Antonius sagte Fraktionschef Steeven Bretz in Bezug auf die Versuche anderer Parteien, die Gründung zu verhindern, er schäme sich für die Stadt. Er argumentiert, Träger des Potsdamer Gymnasiums werde nicht das Opus Dei, sondern mit der „Fördergemeinschaft für Schulen in freier Trägerschaft e.V.“ ein anerkannter Schulträger. Der unterhält beispielsweise seit 35 Jahren das Mädchen-Gymnasium Jülich. Geschäftsführer des Vereins mit Sitz in Köln – deutscher Hauptsitz der Prälatur Opus Dei – ist Horst Hennert. Und Hennert ist Leiter der Opus-Dei-Zentrale in Berlin. Selbst unter den 20 aktiven Mitgliedern der Elterninitiative zur Gründung des Knabengymnasiums sind sieben Mitglieder der umstrittenen Priester- und Laienorganisation Opus Dei.

Die Bündnisgrünen wollen ihren Protest in den kommenden Tagen ausweiten. Die „Bußgürtel“ sollen in Cafés und an Standorten mit vielen Familien verteilt werden. Jan Brunzlow

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