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Von Guido Berg: Protest gegen „Radrennstrecke“

Emotionale Bürgerdebatte über die geplante Asphaltierung der Mittelpromenade der Hegelallee

Stand:

Innenstadt - Widerstand gegen Asphalt: Eine Gruppe von Mitgliedern der Bürgervereine Argus und Freies Tor sowie Lokalpolitikern hat gestern vor Ort gegen die geplante Asphaltierung der Mittelpromenade der Hegelallee protestiert. Der Grünen-Stadtverordnete Andreas Menzel verglich die Promenadensanierung mit dem umstrittenen Großvorhaben Stuttgart 21: „Dort werden Milliarden Euro versenkt, hier hunderttausende.“ Der Oberbürgermeisterkandidat Marcel Yon (FDP) zweifelt an der hohen Priorität des Ausbaus, schließlich gebe es in Potsdam viele Straßen, die noch über keinen Radweg verfügen und „wo Kinder in Gefahr sind“.

Auch der Physiotherapeut Helmut Naber, der seine Praxis an der Hegelallee hat, spricht sich gegen die Versiegelung aus: „Ich will, dass der Promenadencharakter erhalten bleibt.“ Naber befürchtet durch den Ausbau nicht nur eine verschärfte Konfrontation zwischen Radfahrern und Fußgängern, sondern auch zwischen Radlern und Autofahrern. Bereits jetzt beobachte er scharfe Kontroversen hinsichtlich der Vorfahrtsrechte zwischen Radfahrern und Autofahrern, die von der Hegelallee kommend die Mittelpromenade kreuzen. Ferner müssten Naber zufolge die Kinderspielgeräte an der Mittelallee abmontiert werden, sollte der 5,50 Meter breite Weg zur „Radrennstrecke“ werden: „Die Kinder leben dann gefährlich“.

Zu regen Diskussionen kam es, als auch Befürworter der Asphaltierung das Wort ergriffen. So erklärte Axel Dörrie, bei der Stadtverwaltung für das Radverkehrskonzept zuständig, aber momentan außer Dienst, für den Ausbau spreche, dass die Mittelallee täglich von 2000 bis 5000 Radfahrern befahren werde. Potsdam habe sich per Stadtverordnetenbeschluss das Ziel gesetzt, den Anteil der mit dem Fahrrad in Potsdam zurückgelegten Wege auf 27 Prozent zu steigern. Nun solle niemand sagen, „wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass“. Erfreut über den gestrigen Sturzregen äußerte sich Petra von Carnap-Hildebrand vom ADFC Potsdam. So sei die Pfützenbildung auf der Strecke deutlich sichtbar. Ihrer Ansicht nach gebe es zwar „radfahrende Rüpel“, diese aber halte auch eine wassergebundene Decke nicht zurück, wie sie von den Asphaltkritikern vorgeschlagen wird.

Eifrige Kämpferin gegen den Asphalt ist die Stadtverordnete Saskia Hüneke (Bündnisgrüne), die argumentiert, es werde eine Fläche von 3220 Quadratmetern versiegelt. Für das Stadtklima sei dagegen eine Deckschicht günstiger, die Wasser aufnehmen kann, das wieder verdunstet und so die Umgebung kühlt. Zudem spreche der Kostenaspekt für eine Decke mit verdichtetem Schotter: Diese wassergebundene Decke koste nur 118 000 Euro, der geplante gelbgefärbte Asphalt dagegen 218 000 Euro. Allerdings hat ihr entsprechender Antrag tags zuvor im Umweltausschuss keine Mehrheit gefunden.

Dagegen gestimmt hatte auch Ralf Jäkel (Die Linke), dessen Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg gestern der Freies-Tor-Vorsitzenden Ellen Chwolik-Lanfermann allerdings mitteilte, er unterstütze den Protest. Indes hat der Grünen-Baubeigeordnete Matthias Klipp den Beginn der Asphaltierung für kommenden Mittwoch angekündigt. Hüneke ist es unklar, dass sich Klipp „zum Vorreiter für Asphalt“ mache: „Das ist schon ungewöhnlich für einen grünen Baustadtrat.“

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