Von Jana Haase: Proteste gegen Sarrazin angekündigt Jann Jakobs verteidigt Lesung im Nikolaisaal
Innenstadt – Der Protest gegen den Sarrazin-Auftritt in Potsdam formiert sich: Am gestrigen Montag kündigten linke Gruppen eine Kundgebung unter dem Motto „Keine Toleranz für RassistInnen!“ an.
Stand:
Innenstadt – Der Protest gegen den Sarrazin-Auftritt in Potsdam formiert sich: Am gestrigen Montag kündigten linke Gruppen eine Kundgebung unter dem Motto „Keine Toleranz für RassistInnen!“ an. Der Protest soll am Donnerstag ab 18.30 Uhr vor dem Nikolaisaal an der Ecke Wilhelm-Staab-Straße/Yorckstraße stattfinden, teilte das Potsdamer Antikapitalistische Bündnis mit. Das Bündnis, das von verschiedenen linken Gruppen getragen wird, rechnet auch mit einer Beteiligung aus der linken Szene Berlins. Es werde „zu vielfältigen Protestaktion rund um die Lesung“ kommen, hieß es.
„Mit unserer Kundgebung wollen wir deutlich machen, dass sich viele Menschen mit der rassistischen Rhetorik des Herrn Sarrazin nicht abfinden wollen“, so Sprecher Holger Zschoge. Das Bündnis wolle „lautstark und entschlossen dabei sein, um sich gegen seine menschenverachtenden Thesen zu stellen“. Unterstützung kommt auch vom Kreisvorstand der Potsdamer Linken: „Ein tolerantes Potsdam hat keinen völkischen Nachhilfeunterricht eines Rassisten in Nadelstreifen nötig!“, teilte gestern Sprecher Sascha Krämer mit.
Potsdams Polizeisprecher Mario Heinemann bestätigte gegenüber den PNN, dass das antikapitalistische Bündnis eine Protestversammlung mit 150 Teilnehmern angemeldet habe. „Ob noch andere Gruppen aufsatteln, ist unklar.“ In den kommenden Tagen werde nach Rücksprache mit den Veranstaltern ein Polizeieinsatz zu der Sarrazin-Lesung geplant, Details seien derzeit noch nicht klar.
Ab 20 Uhr stellt der Noch-Bundesbank-Vorstand und ehemaliger Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin am Donnerstag im Nikolaisaal sein Buch „Deutschland schafft sich ab“ zum ersten Mal öffentlich vor. Die darin vertretenen Thesen, unter anderem zur Intelligenz verschiedener Einwanderergruppen, hatten bundesweit für Empörung gesorgt, mehrere Stationen der geplanten Lesereise wurden bereits abgesagt. Auch in Potsdam stand die Lesung zunächst auf der Kippe: Wie berichtet hatte das Kulturzentrum Waschhaus den Termin vor allem aus inhaltlichen Bedenken abgesagt. Das Brandenburgische Literaturbüro fand daraufhin im Nikolaisaal einen neuen Veranstaltungsort.
Potsdam Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) kritisierte gestern die Absage des Waschhauses für die Sarrazin-Lesung: „Ich halte diese Entscheidung für falsch.“ Er verteidigte gleichzeitig den Entschluss, einen städtischen Raum für die Lesung zur Verfügung zu stellen. Er teile die Auffassungen seines Parteifreundes Sarrazin nicht, halte die öffentliche Auseinandersetzung darüber jedoch für wichtig: „Wir müssen aufpassen, dass wir Herrn Sarrazin nicht zu einem Märtyrer machen“, so Jakobs: „Man muss ihn ein Stück weit entzaubern. Nichts ist falscher, als ihm dann Auftritte zu verunmöglichen.“ Zu möglichen Protesten sagte Jakobs: „Meinungsfreiheit hört auch dann nicht auf, wenn sie zum Sicherheitsproblem wird.“ Für die Lesung hatte sich bereits die CDU ausgesprochen; eine Auseinandersetzung mit Sarrazins Thesen müsse möglich sein.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: