
© A. Klaer
Landeshauptstadt: Proteste gegen „Scholle“-Aus
Stadtpolitiker überlegen, wie bedrohtes Künstlerzentrum in Potsdam-West erhalten bleiben könnte
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Potsdam-West - Das drohende Aus für das Künstlerhaus „Scholle 51“ sorgt für Proteste und viel Kritik an der Bauverwaltung. Zugleich arbeiten Stadtpolitiker mehrerer Parteien daran, dass Projekt in der Geschwister-Scholl-Straße 51 zu erhalten oder zumindest nicht ersatzlos zu beseitigen.
Am frühen Mittwochabend demonstrierten vor dem Haus rund 100 Künstler, regelmäßige Nutzer und deren Kinder für den Erhalt des Gebäudes. Auf Handzetteln hieß es, weit mehr als 150 Menschen würden die „Scholle“ Woche für Woche nutzen, etwa für Musikunterricht oder Theaterproben. Dazu kämen Ateliers und Probenräume für 30 Künstler. „Die Stadt holzt hier ohne Not einen Freiraum für Kreativschaffende ab“, hieß es in einem Aufruf. In dem Haus sind auch die Büros des Vereins Stadtteilnetzwerk Potsdam-West und des erst gegründeten Büros für Bürgerbeteiligung. Später zogen noch rund 20 „Scholle“-Aktivisten mit ihren Forderungen vor das Rathaus.
Wie berichtet waren am Dienstag in den PNN Planungen der Bauverwaltung bekannt gemacht geworden, die es einem bereitstehenden Investor ermöglichen würden, das Haus zu einer Senioreneinrichtung umzubauen. Bisher war das Gelände insofern gesichert, als dass der geltende Bebauungsplan eine Gemeinbedarfsfläche mit der Zweckbestimmung „Kindertagesstätte“ festsetzte. Diese Regelung will die Stadtverwaltung jetzt aber aussetzen – also Ausnahmen erlauben. Bereits 2012 hatte die evangelische Heilig-Kreuz-Gemeinde das Areal an den bundesweit aktiven Veritas-Pflegedienst verkauft. Inzwischen liegt bei der Verwaltung nach PNN-Informationen ein Bauantrag vor.
Kommunalpolitiker wollen die anvisierte Aussetzung des B-Plans nicht einfach hinnehmen. SPD-Fraktionsvize Pete Heuer sagte, er arbeite an einem Antrag für das Stadtparlament, auf das Verfahren noch Einfluss zu nehmen. Der geltende Bebauungsplan müsse beachtet werden. Linke-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg nannte den Vorgang befremdlich – aus seiner Sicht trage die Stadt die Verantwortung dafür, die Existenz der „Scholle“ zu sichern oder zumindest Alternativen anzubieten: „Das sehe ich aber nicht.“ Der CDU-Verbandschef für Potsdam-West, Wieland Niekisch, zeigte sich entsetzt, dass es für die Probleme des Kulturzentrums noch keine Lösung gebe.
Stadtsprecher Jan Brunzlow sagte, der gesamte Vorgang werde für den nächsten Bauausschuss noch einmal analysiert. Selbstkritisch räumte er ein, die Stadt habe über das Vorhaben nicht von sich aus informiert. Allerdings verteidigte Brunzlow das Vorgehen an sich. So sei auch nach Ansicht des Jugendamtes das bisherige Planungsziel „Kita“ für das Areal funktionslos geworden, denn in dem Stadtteil bestehe kein zusätzlicher Bedarf an Kita-Flächen. Der Aussetzung des Bebauungsplans an dieser Stelle müssten laut Baurecht auch die Stadtverordneten nicht zustimmen, erklärte Brunzlow.
Dagegen erklärte Stadtteilnetzwerk- Chef Daniel Zeller, es gebe bereits eine Initiative, die eine kleine Kita in der „Scholle“ unterbringen wolle. Angesichts auch weiterer Angebote für Kinder und Jugendliche in dem Haus sei die angebliche Funktionslosigkeit des Bebauungsplanes für ihn nicht nachvollziehbar.
Geld für das „Scholle“-Grundstück ist noch nicht geflossen. Laut dem Vorsitzenden des Heilig-Kreuz-Gemeindekirchenrates, Wolf Schikora, gebe es jedoch einen unterschriebenen und notariell beurkundeten Kaufvertrag. Der endgültige Verkauf hänge aber an der nun geplanten Änderung des Bebauungsplans, sagte er den PNN. Zugleich deutete Schikora an, dass er sich auch andere Käufer vorstellen könne, etwa die Stadt: „Am Ende des Tages ist uns egal, an wen wir verkaufen.“
Als Ausweichobjekt steht bisher allein eine frühere, inzwischen völlig heruntergekommene Pizzeria in der Geschwister-Scholl-Straße 34 in Aussicht. Die dafür zuständige Schlösserstiftung hat bereits ihr prinzipielles Einverständnis für das Projekt gegeben. Zeller dazu: „Leider hat die Stadtspitze auch hier jegliches finanzielles Engagement verweigert.“ Bisher will die SPD-geführte Stadtverwaltung wegen anstehender finanzieller Belastungen in den kommenden Jahren – etwa im Schulbereich – keine neuen Projekte mehr fördern.
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