Homepage: Prozess der Modernisierung Marie-Curie-Graduiertenschule „Englobe“ spürt Zusammenhänge von Aufklärung und Globalisierung auf
In Coimbra erforscht derzeit ein Doktorand der Universität Potsdam das sich wandelnde Geschichtsbild in Indien und in Europa. Als Untersuchungsfeld dient dem indisch sprechenden Anglisten und Historiker der historische indische Roman.
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In Coimbra erforscht derzeit ein Doktorand der Universität Potsdam das sich wandelnde Geschichtsbild in Indien und in Europa. Als Untersuchungsfeld dient dem indisch sprechenden Anglisten und Historiker der historische indische Roman. Gleichzeitig untersucht eine Doktorandin in Paris Ereignisse vor dem Hintergrund der Globalisierung um 1800 im Spiegel der deutschen, französischen und englischen Presse. Durch ihren vergleichenden Ansatz und ihre Fokussierung auf frühe Ausprägungen der Globalisierung haben beide Forschungsvorhaben bei aller Unterschiedlichkeit Entscheidendes gemeinsam.
Die beiden Geisteswissenschaftler sind auf der Basis des hoch angesehenen Marie-Curie-Doktorandenstipendiums der EU eingebunden in ein international angelegtes Forschungsprojekt. Neun Wissenschaftsinstitutionen und Universitäten aus Europa und Ankara sowie eine Reihe außereuropäischer Partneruniversitäten sind an der Umsetzung des Projekts beteiligt. Unter dem Titel „Englobe“ (Enlightenment and Global History / Aufklärung und Globalgeschichte) wird es von den Professoren Günther Lottes und Iwan-Michelangelo D’Aprile vom Historischen Institut der Universität Potsdam koordiniert.
Im Rahmen der Marie-Curie-Graduiertenschule forschen 14 Stipendiaten über Schnittstellen zwischen Aufklärung und Globalisierung. Globalisierungstendenzen sind mehr, als bislang bekannt, eine durch und durch historische Angelegenheit. Bis in die Anfänge europäischer Kolonialisierung im 15. Jahrhundert lässt sie sich zurückverfolgen. Während der im 18. Jahrhundert einsetzenden Aufklärung fand erstmalig, und zwar weit über Europa hinaus, eine Reflexion der Kolonialgeschichte statt.
Hier eröffnet sich der Aufklärungsforschung, die am Historischen Institut der Universität Potsdam besonderes Gewicht erhält, ein spannendes Feld. Mit der bis Ende Oktober 2013 bestehenden Marie-Curie-Graduiertenschule Englobe mit einem Fördervolumen von 2,65 Millionen Euro verbindet sich großes Potenzial, um diesen Forschungsschwerpunkt aus der globalgeschichtlichen Perspektive auszubauen. Globalgeschichte als akademische Disziplin ist in Deutschland noch relativ neu und letztendlich noch dabei sich zu etablieren. Im Vergleich dazu ist Globalgeschichte als Reflexionsform der Globalisierung im angloamerikanischen Sprachraum mit „global history“ und „post-colonial studies“ im Fächerkanon der schulischen und universitären Bildungslandschaft längst verankert.
Im Rahmen von Englobe fokussieren sich die 14 MC-Doktorandenstipendien auf Theorien und Praktiken der Globalisierung seit dem 18. Jahrhundert. Durch den Blickwinkel der im Projekt vertretenen Geschichts- und Literaturwissenschaften, der Philosophie sowie der Kunst- und Architekturgeschichte ist das Forschungsvorhaben interdisziplinär angelegt. In vier Arbeitsgruppen arbeiten jeweils drei bis vier Doktoranden enger zusammen. Während beispielsweise junge Wissenschaftler aus Berlin, Belfast und Hongkong geschichtsphilosophischen Fragen nachgehen, beschäftigen sich Doktoranden aus Versailles, Galway, Zielona Góra und Dakar mit Formen der Fremdwahrnehmung, unter anderem in der Reiseliteratur.
Sämtliche Einzelvorhaben dienen dem übergeordneten Ziel des 7. EU-Forschungsrahmenprogramms, die Rolle Europas in der Welt einschließlich der Außenwahrnehmung Europas im Zuge der Aufklärung und danach zu betrachten. Aufklärung wird dabei zum Bezugssystem im doppelten Sinne. So erschöpft sich der Aufklärungs-Begriff nach dem Verständnis der Projektteilnehmer nicht darin, eine historische Epoche im Hinblick auf ihre globalgeschichtliche Relevanz zu reflektieren. Vielmehr wird Aufklärung innerhalb des Forschungsvorhabens als ein nicht abgeschlossener Prozess der Modernisierung mit Blick etwa auf Technisierung, Verwissenschaftlichung und Demokratisierung deutlich weiter gefasst.
Der globale Fokus, durch den sich Englobe auszeichnet, spiegelt sich auch noch auf andere Weise in der Projektdurchführung wider: So ist für jeden Doktorand ein jeweils dreimonatiger Gastaufenthalt an einer der außereuropäischen Partneruniversitäten sowie an einem europäischen Kulturinstitut fest eingeplant. So wird es in Zusammenarbeit mit den außeruniversitären Instituten gegen Ende des Stipendiums auch Aufgabe der Stipendiaten sein, Ergebnisse im Rahmen einer Ausstellung öffentlichkeitswirksam zu präsentieren. Wenn aus Anlass des 300. Geburtstages von Friedrich dem Großen im Jahr 2012 diverse Ausstellungen und Jubiläumsfeierlichkeiten des preußischen Monarchen gedenken, wird auch dies zu den konkreten Anlässen gehören, sich mit neuen Erkenntnissen ins Gespräch zu bringen.
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