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Die Stadtverordneten tagen in dieser Woche wieder. 

© Andreas Klaer

Prüfen, prüfen...: Kommunalpolitische Strategien in Krisenzeiten

Der Handlungsspielraum der Potsdamer Stadtverordneten ist durch die vielen Krisen dieser Zeit kleiner geworden. Prüfaufträge für politische Forderungen sollen das kaschieren.

Henri Kramer
Ein Kommentar von Henri Kramer

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Des Kommunalpolitikers liebstes Instrument ist der Prüfauftrag. Damit kann man etwas fordern und beschließen lassen, ohne das Kosten entstehen – die muss die Stadtverwaltung nämlich erst ausrechnen. Ein aktuelles Beispiel: Die Stadtverordneten hatten erst im Juni einen Antrag der Fraktion Die Andere behandelt, wonach Potsdamer mit geringem Einkommen oder Sozialleistungen kostenfreie Verhütungsmittel ihrer Wahl erhalten sollen. Die Begründung: Auch andere Kommunen würden bereits dieses Recht auf Wahlfreiheit und Selbstbestimmung in der Familien- und Lebensplanung finanzieren.

Ablehnen wollte die Mehrheit der Stadtverordneten das an sich lobenswerte Anliegen nicht. Doch beschlossen wurde ein etwas modifizierter Prüfauftrag, wie das mit den Gratis-Kondomen gehen könnte. Die Antwort aus dem Rathaus kam dieser Tage: Das Ganze könnte mindestens 228.000 Euro pro Jahr kosten, inklusive der nötigen Personalkosten.

Das Geld dafür ist in der Kämmerei von Finanzdezernent Burkhard Exner (SPD) allerdings nicht vorhanden. Die Aussage des Rathauses dazu kann angesichts der miserablen Potsdamer Haushaltslage womöglich bald standardisiert ausgegeben werden: „Mit Blick auf die aktuellen schwierigen Rahmenbedingungen zur Haushaltsaufstellung 2023/2024 wird die Umsetzung der Kostenübernahme nicht empfohlen. Eine Umsetzung sollte je nach Haushaltslage für 2025/2026 erneut geprüft werden.“

Der Handlungsspielraum der Stadtverordneten ist durch die multiplen Krisen dieser Zeit kleiner geworden. Prüfaufträge für politische Forderungen sollen das kaschieren. Daher könnte es mehr Prüfaufträge geben, je näher die Kommunalwahl 2024 rückt – was wiederum für mehr Arbeitsbelastung im Rathaus sorgt: Dort muss dann ausgerechnet werden, wofür ohnehin kein Geld da ist.

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