Aus dem GERICHTSSAAL: Psychiater soll Drogendealer beurteilen Gericht lässt stationäre Unterbringung prüfen
Eigentlich sollte am heutigen Donnerstag der letzte Verhandlungstermin sein. Doch die Entscheidung im Prozess um den vermeintlichen Drogenhändler Ronny R.
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Eigentlich sollte am heutigen Donnerstag der letzte Verhandlungstermin sein. Doch die Entscheidung im Prozess um den vermeintlichen Drogenhändler Ronny R.* (31) – bei einem Schuldspruch drohen ihm mindestens vier Jahre Haft – verzögert sich. Die 1. Große Strafkammer des Landgerichts unter Vorsitz von Frank Tiemann ordnete an, den Angeklagten psychiatrisch begutachten zu lassen. Gelangt die Sachverständige zu der Ansicht, dass von dem Suchtkranken die Gefahr weiterer Straftaten ausgeht, kann das Gericht seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen.
Ronny R. soll zwischen Januar und September 2012 einem damals 15-Jährigen in 180 Fällen Cannabis und Speed zum Grammpreis von je zehn Euro verkauft haben. Um seine Drogenschulden zu begleichen, soll der Teenager einen Presseshop überfallen haben. Am ersten Verhandlungstag sprach Ronny R. von lediglich zwei Treffen mit dem Jugendlichen in seiner Drewitzer Wohnung. Der inzwischen 16-Jährige beteuerte im Zeugenstand, im besagten Zeitraum mindestens alle zwei Tage Drogen von dem Angeklagten bezogen zu haben.
Schon einmal hatte sich ein Gutachter mit der körperlichen und geistigen Gesundheit des wegen Autodiebstählen Vorbestraften beschäftigt. Damals hieß es, Ronny R. sei normal intelligent, sein seit der Kindheit bestehendes ADHS-Syndrom stelle keine massive psychische Beeinträchtigung dar. Trotz jahrelangen Cannabiskonsums sei sein Bezug zur Wirklichkeit nicht gestört. Von einer Schuldunfähigkeit bei der Begehung der Straftaten sei nicht auszugehen.
Ronny R. begann schon im Grundschulalter zu kiffen. Später kamen harte Drogen dazu. Ab dem 17. Lebensjahr trank er massiv Alkohol. Er besuchte die Förderschule, lebte in Heimen. Mit zehn Jahren stahl er Mopeds, später Autos. Anfangs war er noch so klein, dass er einen Kindersitz brauchte, um die Fahrzeuge zu steuern. Der Angeklagte brach Ausbildungen zum Koch, Schweißer und Maler ab. Seine erste Jugendstrafe erhielt er mit 14 Jahren. Mehrere Gefängnisaufenthalte bewirkten offenbar nichts.
Am zweiten Verhandlungstag hatte die Bewährungshelferin von Ronny R. berichtet, dieser sei „schwer zu greifen“. Er halte sich nicht an Absprachen und Termine. Wenn er dennoch erscheine, sei er höflich, sogar charmant, und beteuere, sein Leben grundlegend ändern zu wollen. Das – so die Ansicht der Sozialarbeiterin – sei nur „unter stationären Bedingungen“ erfolgversprechend.
Die Verhandlung wird am 11. Juli mit der Erstattung des Gutachtens fortgesetzt. Möglicherweise wird dann auch das Urteil gesprochen. Hoga
*Name geändert
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