Homepage: Puzzlespiele, Schattenboxenund Pragmatik Anhörung der Kandidaten zur Rektorwahl der Uni
Etwas verblüfft hat Prof. Wilhelm Bürklin gestern Vormittag die im Audimax versammelte Hochschulöffentlichkeit der Uni Potsdam schon.
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Etwas verblüfft hat Prof. Wilhelm Bürklin gestern Vormittag die im Audimax versammelte Hochschulöffentlichkeit der Uni Potsdam schon. Nachdem der ehemalige Politikprofessor der Potsdamer Uni bei der Anhörung der Kandidaten zur Rektorwahl erklärt hatte, er wolle die Uni wie ein Puzzlestück in die Region einfügen, präsentierte der Kandidat gleich noch so etwas wie ein Schattenkabinett. Drei Namen von Kollegen der Uni konnte er schon Aufgaben zuweisen, sollte er zum Rektor gewählt werden. Dass dies Gemurmel im Auditorium verursachte, war verständlich.
Gestern fand an der Uni die Anhörung der bisherigen Kandidaten zur Rektorwahl statt. Von den vier Bewerbern – zwei Frauen, zwei Männer – wird der Landeshochschulrat nun noch einmal ein bis vier endgültig für die Wahl aussuchen, die am 20. Juli vom Senat der Uni in geheimer Abstimmung vorgenommen wird.
Etwas glatt und zugeknöpft wirkte Bürklin, der von 1992 bis 2002 Inhaber der Professur für das Regierungssystem der Bundesrepublik Deutschland an der Potsdamer Uni war. Derzeit ist er Mitglied der Geschäftsführung des Bundesverbands Deutscher Banken. In seinen Worten hatten sich gar viele technokratische Phrasen verstrickt, von Vermarktungschancen bis Innovationsnetzwerk. In größter Sorge erkundigte sich darauf ein Dozent, wieso er die für Potsdam so bedeutende Lehrerbildung unerwähnt gelassen habe. Keine Sorge, er habe sie schlicht vergessen, weil ihre Existenz ohnehin selbstverständlich sei, sagte Bürklin. Er sprach von dem Ziel einer klassischen „Volluni“, die alles Wissen umfassen müsse. Die außeruniversitäre Forschung sollte wieder stärker an die Hochschulen zurückgeholt werden. Und: „Die Potsdamer Uni ist besser als ihr Ruf.“
Sein Konkurrent Prof. Roland Oberhänsli ist Insider. Der gebürtige Schweizer hat in Potsdam in Zeiten knapper Mittel das Institut für Geowissenschaften aufgebaut. Seine Uni-Kollegen hätten ihn zur Kandidatur bewogen. Er sprach viel von seiner Person und wirkt recht unaufgeregt, schließlich wähnt er doch die Hausmacht hinter sich. Er will, wie die anderen übrigens auch, die Uni auf ein solides Fundament stellen. Die Lehre sei dabei selbstverständlich von großer Bedeutung. Worin er sich von allen anderen Kandidaten unterscheidet, ist sein eigentliches Ziel: „Qualität im Sinne von Klein aber fein.“ Die Tendenz, immer mehr Studierende zuzulassen müsse gestoppt werden. Er sprach von vielfältigen Rationalisierungsmöglichkeiten. Für das Finanzloch von rund sieben Millionen Euro an der Uni hatte er gleich ein ganzes Bündel an Lösungsvorschlägen. Er sei Pragmatiker. Ansonsten sprach aus ihm der leidenschaftliche Forscher, gerade erst war er von einer geologischen Exkursion zurückgekehrt.
Ebenso als Pragmatikerin bezeichnete sich dann Prof. Sabine Kunst von der Uni Hannover. Doch im Gegensatz zu Oberhänsli kündigte sie an, der Wissenschaft abzuschwören und sich ganz dem Management der Hochschule zu verschreiben – sollte sie denn gewählt werden. An diesem Tag war sie die eloquenteste der vier Kandidaten, ihre Vorstellungen wirkten von Anfang an professionell und kompetent. In Hannover ist die Umwelttechnikerin derzeit Vizepräsidentin für Lehre und Studium – und damit ganz nah dran an den aktuellen Problemen. Etwa Studienreform, Frauenförderung oder die Neuaufstellung der Weiterbildung. Sie sagt selbst von sich, „kampferprobt“ zu sein. Sie suche den Konsens, könne aber auch Entscheidungen treffen, wenn sie anstehen. So sympathisch wie sie der Uni versprach, die bisherigen Stärken zu fördern und die Lehre als Priorität zu sehen, bekam sie sogar einen Extra-Applaus.
Etwas bieder wirkte hingegen Prof. Ulrike Rockmann, derzeit Leiterin des Statistischen Landesamtes Berlin. Die Sportwissenschaftlerin, einst selbst Profisportlerin, betonte die Bedeutung der Mitbestimmung an der Uni und die Notwendigkeit, einen höheren Zuschuss für das unterfinanzierte Haus zu erwirken. Was sie allerdings etwas unmotiviert vortrug. Herausstechen konnte sie bei den Studiengebühren. Während die anderen Kandidaten Studiengebühren als unabwendbar sahen – Bürklin favorisierte sie sogar –, wagte die Statistikerin einen Blick in die Zahlen. Und stellte fest, dass die Lage hier noch gar nicht eindeutig analysiert sei. „Eine zu isolierte Reaktion auf ein komplexes Problem“, nannte sie dann auch die geplanten Beiträge. Ihre Ablehnung könnte für die Wahl nicht unwichtig sein, sitzen doch auch zwei Studierende im Senat.
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