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Der Münchner Historiker Thomas Brechenmacher tritt die Nachfolge von Prof. Julius H. Schoeps an
Stand:
Am Historischen Institut der Universität Potsdam stehen die Zeichen auf Generationswechsel: Den Ruf auf die Professur für Neuere Geschichte II – mehr als zehn Jahre geprägt von Julius H. Schoeps – hat nun der Münchener Thomas Brechenmacher erhalten. Die PNN sprachen mit dem 42-jährigen habilitierten Historiker.
Herr Brechenmacher, stehen Sie für eine Kontinuität des Lehrstuhl-Schwerpunktes „deutsch-jüdische Geschichte“?
Kontinuität und behutsame Fortentwicklung. Selbstverständlich werden Forschung und Lehre zur deutsch-jüdischen Geschichte einen starken Schwerpunkt meiner Arbeit in Potsdam bilden. Beides gehört zentral zum Spektrum der Professur. Andererseits werden auch neue Arbeitsfelder hinzukommen, wie etwa die Geschichte des politischen Katholizismus und die kirchliche Zeitgeschichte, aber auch historiographiegeschichtliche Themen.
Welche Veranstaltungen bieten Sie im Wintersemester an?
Eine Überblicksvorlesung zur deutschen Geschichte im 19. Jahrhundert, ein Proseminar zum Thema „Sowjetische Deutschlandpolitik 1939-1955“ und zwei Hauptseminare: eines zur Außenpolitik des Nationalsozialismus und das andere zu „Schlüsselthemen der deutsch-jüdischen Geschichte während des Kaiserreichs“.
Sie sind in Bayern geboren und aufgewachsen, haben lange Zeit an der Universität der Bundeswehr in München gelehrt und geforscht. Nun erwartet Sie in Potsdam auch ein „Hauch von Preußen“. Fürchten Sie sich vor kulturellen und mentalen Unterschieden?
Ganz im Gegenteil, ich freue mich auf Anregungen vielfältiger Art. Das Erbe Preußens ist groß. Im Übrigen sind ja auch die preußischen Könige am Süden, besonders an Italien, nicht vorbeigekommen. Das freut jemanden wie mich, der zwei Jahre in Rom verbracht hat, ganz besonders. Gerade römische Einflüsse spürt man in Potsdam auf Schritt und Tritt. Es gibt für mich also viele Anknüpfungspunkte, um mich in Potsdam bald zuhause zu fühlen.
Was erwarten Sie von den Studierenden?
Neugier auf Quellen, Fragen und Lust an der gemeinsamen Suche nach wissenschaftlichen Antworten.
Würden Sie sich eher als quellen-orientierten Archiv-Wissenschaftler, als streitbaren Publizisten oder als leidenschaftlichen Vermittler bezeichnen?
Im Grunde meines Herzens und von meiner Ausbildung her bin ich zweifellos quellen-orientierter Archiv-Wissenschaftler. Andererseits bereitet mir auch die akademische Lehre großen Spaß. Forschung und Lehre gehören zusammen und müssen sich gegenseitig befruchten. Grundlagenarbeit, Streitlust, Vermittlung – jedes hat seine Zeit.
Willy Brandts Kniefall in Warschau, „Geschichtsschreibung als Falle“, das Verhältnis Vatikan-Judentum im 19. und 20. Jahrhundert – zu diesen Themen haben Sie bereits publiziert. Was folgt als nächstes?
Soeben ist ein Band über das umstrittene Konkordat zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Deutschen Reich vom Juli 1933 erschienen. Für 2008 bereite ich zusammen mit Michael Wolffsohn einen Band über Orientierungen und Mentalitäten der deutschen Juden zwischen 1860 und 1938 vor.
Werden Sie Themen der christlich-jüdischen Beziehungsgeschichte – im deutschen wie im europäischen Rahmen – auch in Zukunft weiterverfolgen?
Mit Sicherheit: im Verbund der Jüdischen Studien an der Universität, dem Abraham Geiger Kolleg und dem Moses Mendelssohn Zentrum sind dafür in Potsdam ja auch optimale Voraussetzungen gegeben.
Wenn Ihnen trotz der vielen beruflichen und ehrenamtlichen Verpflichtungen noch etwas Zeit bleibt – womit beschäftigen Sie sich dann?
Meine Zeit ohne Geschichte gehört im Wesentlichen der Familie, meinen beiden Kindern, die neun und zwölf Jahre alt sind. Und der Musik: ich spiele mit Leidenschaft Kontrabass. Jazz!
Das Gespräch führte Olaf Glöckner
Thomas Brechenmacher (42) promovierte an der FU Berlin und habilitierte sich an der Universität der Bundeswehr München. Zu seinen Schwerpunkten zählt deutsch-jüdische Geschichte.
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