Turbine Potsdam ausgedünnt: „Quo vadis, Turbine? Das muss man jetzt fragen“
Mit dem für den Sommer angekündigten Weggang dreier Nationalspielerinnen entstehen große Lücken in Potsdams Meister-Team
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Was wird aus Turbine Potsdam, wenn im Sommer mit den beiden Abwehrspielerinnen Babett Peter und Bianca Schmidt sowie Mittelfeldstrategin Viola Odebrecht die drei aktuellen Nationalspielerinnen den amtierenden Deutschen Frauenfußball-Meister verlassen? Das Trio, dessen Verträge in Potsdam per 30. Juni 2012 enden und das derzeit mit der deutschen Nationalmannschaft beim Algarve-Cup weilt, hatte dem Verein am vergangenen Freitag mitgeteilt, dass es die Kontrakte nicht verlängert (PNN berichteten).
Meistertrainer Bernd Schröder scheint sich in dieser Frage selbst nicht sicher zu sein. „Quo vadis, Turbine? Das muss man jetzt fragen“, erklärte der 69-Jährige am Sonntagnachmittag nach dem blamablen 1:1 des Liga-Spitzenreiters im Sonntag- Heimspiel gegen Schlusslicht Bayer 04 Leverkusen. „Die Spielerinnen, die gehen, sind Führungsspielerinnen, und man muss sehen, wie unsere junge Mannschaft damit jetzt umgeht.“ Peter (23) war im Winter 2006 zu Turbine gewechselt, Schmidt (22) im Sommer des gleichen Jahres. Odebrecht (28) war sogar schon 1998 nach Potsdam gekommen und kickte ab 2005 in den USA, in Island, für den FCR Duisburg und SC Bad Neuenahr, ehe sie 2008 zurückkehrte.
„Der Verlust der drei wird uns zurückwerfen, denn es ist schwer, die durch ihren Weggang entstehenden Lücken eins zu eins zu schließen“, sagt Mannschaftskapitänin Jennifer Zietz. Die 27-Jährige ist die zweitälteste Potsdamer Spielerin nach Odebrecht, kickt seit 1998 ununterbrochen für den Verein und hat noch bis 2013 einen Vertrag bei Turbine. „Aber wir hatten schon mehrere solcher Situationen und sind jedesmal zurückgekommen.“ 2006 und 2007 hatten mit Petra Wimbersky, Britta Carlson, Ariane Hingst, Navina Omilade und schließlich Nadine Angerer gestandene Nationalspielerinnen Potsdam verlassen – ab 2009 wurde die neue Turbine-Mannschaft dennoch jährlich wieder Deutscher Meister. Und trotz des Wechsels Fatmire Bajramajs, Nadine Keßlers, Desiree Schumanns, Josephine Hennings, Corina Schröders, Jessica Wichs und Marie- Louise Bagehorns zu anderen Vereinen im Sommer 2011 schaffte es Potsdam, in der laufenden Meisterschaft als sicherer Spitzenreiter zu überwintern. „Das hatte uns vor der Saison auch niemand zugetraut“, so Zietz, die 2007 nach Hingsts Abschied das Kapitänsamt übernommen hatte.
Es bleibt also abzuwarten, ob es Trainerfuchs Schröder auch diesmal gelingen wird, seine Mannschaft für die Zukunft konkurrenzfähig zusammenzustellen. „Bis auf Babett Peter, Viola Odebrecht und Bianca Schmidt haben alle unsere Leistungsträgerinnen längerfristige Verträge“, informiert Turbine-Geschäftsführer Mathias Morack, der den Weggang des Trios – mit dem er die Vertragsverhandlungen geführt hatte – nicht dramatisieren will. „Es ist nunmal im Fußball wie im Geschäftsleben so, dass sich mancher verändern will. Wobei das Geld stimmen muss.“ Turbine habe den drei Nationalspielerinnen neue Angebote unterbreitet, „die für uns sehr gut waren“, so Morack. „Und wenn man vom Deutschen Meister, Bundesliga-Spitzenreiter und Champions-League-Finalisten der letzten beiden Jahre weggeht, kann man sich nicht sportlich verbessern. Nur finanziell – da muss man ehrlich genug sein.“
Morack will zugleich nichts von Unstimmigkeiten zwischen Spielerinnen und Trainer wissen. „Wenn es das wäre, hätten sie schon vor Jahren gehen können.“ Jennifer Zietz sieht es ähnlich: „Ich kann mir viele Gründe für einen Wechsel vorstellen, aber es auf andere zu schieben ist zu simpel. Schröder war schon immer so, wie er ist, und er hat sich oft genug vor uns gestellt. Eines Morgens aufzuwachen und zu sagen: Ich stör mich an ihm – das ist zu einfach.“
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