Sport: Radfahren neben Eiskunstlaufen
Der UCI-Präsident will den Bahnradsport den Winterspielen zuschlagen
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Berlin - Brian Cookson will ein echter Reformer sein, und deshalb hat sich der Präsident des Internationalen Radsportverbands UCI auch keine Denkverbote auferlegt. Kopfschütteln rief allerdings der jüngste Vorschlag des Briten hervor. Er möchte die Bahnradsportwettbewerbe in die Olympischen Winterspiele aufnehmen lassen. Die Begründung klingt zunächst charmant: „Die Sommerspiele gelten als überladen. Zu viele Wettbewerbe, zu viele Sportarten, zu viele Teilnehmer, heißt es.“ Die Bahnradwettbewerbe fänden ohnehin in Europa im Winter statt und wenn sie ins olympische Winterprogramm kämen, „hätte man auch gleich Chancen auf mehr Disziplinen“.
Hintergrund der Überlegungen war ein Aufruf des Präsidenten des Internationalen Olympischen Komitees, Thomas Bach, das komplette olympische Programm auf den Prüfstand zu stellen. Vorschläge kann jeder bis zum 15. April unter der E-Mail-Adresse OlympicAgenda2020 @olympic.org einschicken.
In der Analyse hat Cookson nicht einmal unrecht. Die Sommerspiele sind überfüllt. Im Winter wäre hingegen noch Platz. Und in den letzten Jahren sind ohnehin die Bahnradsportwettbewerbe in die Wintersaison gerutscht. Genau hier liegt für Dieter Stein, einst selbst ein Sechs-Tage-Crack und aktuell Landestrainer im Berliner Radsportverband sowie Organisator des hiesigen Sechs Tage-Rennens, das Problem. „Radsport ist ein Sommersport. Ich denke da an kurze Hosen und kurzärmlige Trikots. Das geht nicht bei Eis und Schnee. Für die Sprinter mag es ja noch angehen, immer in der Halle zu trainieren. Aber unsere Ausdauersportler brauchen die Kilometer auf der Straße.“ Ihn konnte nicht einmal die Aussicht auf mehr Wettbewerbe für seine Männer locken. „Für mich ist das unpassend“, sagte er. Ähnlich reserviert fiel die Antwort von Rudolf Scharping aus. „Man muss natürlich darüber diskutieren, wenn so ein Vorschlag vom UCI-Präsidenten kommt“, sagte der Präsident des Bundes Deutscher Radfahrer. „Aber spontan halte ich dies für keinen guten Vorschlag.“ Scharping führt die notwendige „massive Umorganisation des gesamten Bahnradsports“ als Argument ins Feld. Der „Zusammenhang innerhalb des Radsports, besonders zum Straßenradsport würde „aufgelöst“.
Positiv beurteilt er hingegen den Versuch, in den nächsten Jahren eine Bahnrad-WM – nach jüngster Tradition auch im Winter – in Berlin auszurichten. „Es gibt auf Fachebene Gespräche mit dem Berliner Senat, in einem Zeitrahmen von drei, vier Jahren erst einen Weltcup, dann eine EM und schließlich die WM nach Berlin zu holen. Das Velodrom hier bietet ja hervorragende Bedingungen“, sagt er. Der springende Punkt sei momentan allerdings die Finanzierung. Tom Mustroph
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