Landeshauptstadt: Radikal denken am Jungfernsee
Das weltweit erste SAP- Innovationszentrum in Potsdam ist eröffnet. Hasso Plattner hofft, dass es dem Softwareunternehmen aus der Krise hilft
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Zumindest die Platzprobleme hätte es in der riesigen SAP-Konzern-Zentrale im badischen Walldorf nicht gegeben. Denn mit 550 Gästen ist das neue Innovationszentrum des Softwareunternehmens direkt am Jungfernsee eigentlich überfordert – trotz der eigens für den Eröffnungstag eingerichteten Zeltanbauten. Doch Hasso Plattner, SAP-Mitbegründer und bis heute Aufsichtsratsvorsitzender, wollte die Ideenschmiede partout in Potsdam bauen. „Hier werden wir die richtigen Leute finden“, konstatierte er in seiner Eröffnungsansprache am gestrigen Mittwoch.
Er glaube an den positiven Einfluss der Umgebung auf die Arbeit, sagte Plattner. Und die sei am Jungfernsee ideal: „Berlin ist attraktiv, Potsdam ist schön. Und nicht jeder will nach Walldorf ziehen.“ Und er setzt auf die 150 000 Studenten in der Region, ein Pool an klugen Köpfen und potenziellen Mitarbeitern.
SAP braucht kreative Menschen, braucht neue Ideen und junge Vordenker. Mehr als 12 000 Menschen arbeiten in Walldorf, doch die Zukunft soll in Potsdam gemacht werden. „Wir haben zehn Jahre verloren“, sagte Plattner selbstkritisch. Vor allem das „user interface“, also die Schnittstelle zwischen Computer und Nutzer, müsse verbessert werden. „Die Interaktion mit dem Nutzer ist eine der größten Schwächen von SAP“. Die Menschen hätten keine Lust mehr, seitenlange Bedienungsanleitungen zu lesen und alles aufwendig selbst einstellen, programmieren zu müssen. „Wir müssen den Kunden zuhören. Und zwar nicht den Vorständen, sondern den ,normalen’ Bürokräften.“ Die US-Amerikaner hätten dies bereits verstanden, die Deutschen hinkten noch hinterher.
Das neue „SAP Innovation Center“ in Potsdam – das erste weltweit, das der Konzern eröffnet – soll dies nun ändern. Wer am Jungfernsee entlangspaziere, habe die besten Bedingungen, um nachzudenken, um „radikal zu denken“, meint Plattner. Der schlicht-moderne Bau zwischen Wasser und Nedlitzer Straße mit viel Holz und Glas ist ganz auf Kreativität und gemeinsames Arbeiten ausgelegt. Die Räume mit den 150 Arbeitsplätzen sind groß und nur durch Glaswände getrennt, es gibt Sitzecken mit Schaukeln und einen Kickertisch. Auch junge Startup-Unternehmen finden ihren Platz im Haus, sie sollen ihre Ideen mit nach Potsdam bringen. 17,5 Millionen Euro hat sich SAP das Gebäude kosten lassen, das Land Brandenburg schoss 2,7 Millionen Euro zu.
Enthusiastisch gab sich auch einer der Chefs des neuen Hauses, Jürgen Müller, in seiner Rede. Er habe sich in das Gebäude „verliebt“, habe er seiner Frau jüngst gestehen müssen. Siebeneinhalb Jahre lang hätten sie an dem Konzept für das Zentrum gearbeitet, und das Ziel sei von Anfang an gewesen, „Ideen in einem frühen Stadium zu erkennen“. Das Haus sei mit sogenanntem Design Thinking entwickelt worden, fügte sein Kompagnon Jens Krüger hinzu. Diese Methode für innovatives Denken, die auch am Hasso-Plattner-Institut am Griebnitzsee gelehrt wird, solle auch im Innovationszentrum angewandt werden. Und Krüger lobte das Engagement Potsdams und Brandenburgs, die SAP immer wieder ermutigt hätten, an den Jungfernsee zu kommen.
So war auch Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) geladen, um eine Rede zu halten – für die er sich schon im Vorhinein entschuldigte. Er habe zwar eine vorbereitet, doch die sei auf Deutsch, sagte er. Angesichts der vielen internationalen Gäste improvisierte Woidke auf Englisch – und dankte Plattner nicht nur für seine großzügige Spende für das neue Landtagsschloss, sondern auch für das HPI. Diese habe die Ansiedlung zahlreicher IT-Unternehmen nach sich gezogen – ein Trend, der sich durch das neue Innovationszentrum fortsetzen könnte.
nbsp;Katharina Wiechers
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