Landeshauptstadt: Ranfahren und Kofferraum vollknallen
Stadt will über Baurecht wohnortnahe Versorgung sichern / Discounter bevorzugen Verkehrsachsen
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Stadt will über Baurecht wohnortnahe Versorgung sichern / Discounter bevorzugen Verkehrsachsen Von Hella Dittfeld „Die Beweislast liegt nicht mehr bei uns“, sagte Baubeigeordnete Elke von Kuick- Frenz gestern in einem Pressegespräch. „Jetzt muss der Antragsteller für einen neuen Supermarkt nachweisen, dass er das bestehende Handelsgefüge nicht empfindlich stört.“ Eine Änderung im Baugesetzbuch 2004 stärke die Kommunen in ihren Entscheidungen. Und Potsdam will diese Chance nutzen. Eine Gegenüberstellung des Einzelhandelsbestandes zeigt nämlich auch in Potsdam, dass sich die Lebensmittel-Discounter aus den Siedlungsgebieten heraus hin zum Hauptverkehrsstraßennetz bewegt hätten. Lautete zu DDR-Zeiten das Planungsziel noch, die Dinge des täglichen Bedarfs wohnortnah in den Stadtbezirkszentren anzubieten, die man gut fußläufig erreichen konnte, so heiße die Devise jetzt: mit dem Auto vorfahren und den Kofferraum vollknallen. Die Discounter-Ketten, deren Top-Ten 85 Prozent der Versorgung in den Städten abdeckten, würden grundsätzlich nur noch „an den Hauptverkehrsadern andocken“. Man wolle für seine Ansiedlung zudem die rechte Seite der Straße haben. Der Deutsche kaufe vorwiegend nach Feierabend ein und wolle dabei nicht erst noch die Straße überqueren. So weit gingen die Vorstellungen, erklärte die Potsdamer Bauchefin. Dem könne man nicht grundsätzlich entgegenwirken, es gäbe nun aber bessere Mittel der Steuerung. Von Kuick-Frenz nannte unter anderem die Möglichkeit, siedlungsintegrierte Lagen zu sichern. Als Beispiel nannte sie den Schlaatz. Bei der Rewe-Kaufhalle im Schilfhof laufe 2008 der Vertrag aus. Deshalb gäbe es jetzt intensive Verhandlungen mit einem Betreiber, der sie weiterführen will. Er sei bereits in Potsdam in der Galileistraße tätig, so von Kuick-Frenz. Die Stadtverwaltung habe eben nicht nur Bauherrenwünsche zu befriedigten, sondern auch eine soziale Aufgabe der wohnortnahen Versorgung für Ältere und sozial Schwache ohne Auto. Deshalb wolle man künftig noch bestehende Kaufhallen in den Wohnzentren nicht durch weitere Neuansiedlungen gefährden. Eine weitere Möglichkeit sei die Bündelung von Angeboten in Zentren, wie sie sehr glücklich am Keplerplatz im Wohngebiet Stern gelungen sei. Auch hier habe sich aber der Discounter letztlich für den Orion-Standort und nicht für die alte Kaufhalle entschieden. Die Ballung der Angebote im Waldstadt-Center sichere auch diesen Standort. Als dritte Möglichkeit nannte die Baubeigeordnete eine beschränkte Zulassung von Autoparkplätzen an neuen Einkaufsmärkten. Potsdam sei bei Lebensmitteln schon überversorgt, was den Konkurrenzkampf härter mache, erklärte Fachbereichsleiter Stadtplanung Andreas Goetzmann. Bauanträge gebe es noch für über zehn Kaufhallen. Dabei seien auch einige Standortveränderungen wie in der Waldstadt, wo der Discounter näher an die Heinrich-Mann-Allee heranrücken wolle. In der Berliner Straße werde es aber keine dritte Discounteransiedlung mehr geben. Der Antragsteller habe seinen Widerspruch gegen den städtischen Ablehnungsbescheid zurückgezogen. Und auch das Aldi-Provisorium in der Großbeerenstraße soll nicht weiter genutzt werden. Als schützenswert sieht Goetzmann die Lebensmittelversorgung am Markt im Kirchsteigfeld an. Neuansiedlungen würden sie ebenso wie das Havel-Nuthe-Center weiter gefährden. In der Prüfung seien Ansiedlungswünsche in der Rudolf-Breitscheidstraße und Rudolf-Breitscheid/Ecke August-Bebel-Straße in Babelsberg sowie an der Holzmarktstraße in der City.
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