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Landeshauptstadt: Raubmord wegen 50 Euro

Prozess wegen Kapitalverbrechens an 71-Jähriger im Haus Am Alten Markt 10 beginnt am 29. November

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Prozess wegen Kapitalverbrechens an 71-Jähriger im Haus Am Alten Markt 10 beginnt am 29. November Innenstadt - Das Licht brennt unentwegt. Durch den Schlitz unter der Tür fällt der Schein in den Flur. Der alten Dame wird doch nichts passiert sein? Als der Nachbar mit dem hinterlegten Schlüssel die Tür öffnet, liegt sie unmittelbar hinter der Tür im Flur. Sie ist gefesselt, trägt Verletzungen im Gesicht und ist tot. Der Nachbar alarmiert die Polizei. Die 71 Jahre alte Rentnerin starb in den Abendstunden am 9. März in ihrer Einzimmerwohnung Am Alten Markt 10. Zunächst nahmen die Ermittler an, die gefesselte und gehbehinderte Helga B. habe noch versucht, sich zur Tür zu schleppen, sei dabei gestürzt und daran gestorben. Doch die rechtsmedizinische Untersuchung brachte Aufklärung. Todesursache: „Tod durch Ersticken.“ Ein Martyrium war offenbar dem gewaltsamen Ende der alten Frau vorangegangen. An einen Stuhl gefesselt, war sie geschlagen und zum Schluss erstickt worden. Ermittler der Potsdamer Kripo und Kriminaltechniker des Landeskriminalamtes Brandenburg untersuchten jeden Zentimeter der von den Tätern komplett durchwühlten dreißig Quadratmeter großen Wohnung. Viele Spuren sicherten sie, auch Fingerabdrücke. Die grausame Tat hatten offenbar zwei Personen begangen. Den einen Täter konnte die Polizei aufgrund von Spuren und Erkenntnissen relativ schnell ermitteln. Einen Monat nach der Tat eröffnete die Staatsanwaltschaft Potsdam ein Ermittlungsverfahren gegen den 47-jährigen Detlef Wolf wegen des Tatvorwurfs des „Totschlages“ im Zusammenhang mit dem Tod einer 71-Jährigen. Gegen Wolf, der damals flüchtig war, erging Haftbefehl des Amtsgerichts Potsdam. „Detlef Wolf ist 174 Zentimeter groß, schlank und trug zuletzt eine Glatze mit Haarkranz“, lautete die Personenbeschreibung. „Die Polizei bittet um Mithilfe.“ Umsonst. Durch Zufall ging Wolf ins Netz der Fahnder. Er saß unter einer Brücke. Wenn sich jemand an einer Autobahn – im Falle Wolf war es die Bundesautobahn A4 Dresden-Eisenach – unter einer Brücke aufhält, muss er auffallen. Am 19. April um 18.10 Uhr nahm ihn eine Funkstreifenbesatzung der Polizeidirektion Dresden fest. Der arbeitslose Mann ohne festen Wohnsitz ließ sich widerstandslos festnehmen. Am nächsten Morgen um zehn Uhr stand er vor dem Haftrichter, der ihm den Haftbefehl verkündete. Wegen seiner Beteiligung am „Totschlag“ in Potsdam wanderte der in Brandenburg an der Havel Geborene in die Dresdener Justizvollzugsanstalt.Wolf ist kein unbeschriebenes Blatt. Bereits im Jahre 1988 hatte ihn das Bezirksgericht Potsdam wegen versuchten Mordes „an einem Homosexuellen“ zu 14 Jahren Haft verurteilt. Bei den Bewohnern Am Alten Markt 10 löste die Pressemeldung über Wolfs Verhaftung Erleichterung aus. Nach dem gewaltsamen Tod der Nachbarin hatte sich Angst verbreitet. Viele ältere Bewohnerinnen des Plattenbaus mit seinen 224 Wohnungen wagten nicht mehr, den Fahrstuhl zu benutzen. Vollständig beruhigt waren die hier Wohnenden immer noch nicht, denn der zweite Tatbeteiligte befand sich noch auf freiem Fuß. Drei Tage später war es damit vorbei. Zunächst hieß es, er habe sich der Polizei in Cuxhaven gestellt und zu Protokoll gegeben, an dem Geschehen in der Wohnung von Helga B. beteiligt gewesen zu sein. Aus den Akten geht jedoch hervor: Dem 19-jährigen Schweizer indischer Abstammung, der mit Wolf zusammenlebte beziehungsweise herumzog, kam die Polizei nach einem Ladendiebstahl auf die Schliche. Wegen gemeinschaftlichen Totschlages erging Haftbefehl gegen ihn. Die Staatsanwaltschaft Potsdam erhob gegen beide dringend Verdächtige am 24. September Anklage – wie Staatsanwalt-Sprecher Ralf Roggenbuck auf PNN-Anfrage mitteilte, wegen „Mordes in Tateinheit mit Raub mit Todesfolge“. Als die beiden Männer am 9. März einen Bekannten am Alten Markt 10 aufsuchen wollten und nicht antrafen, gingen sie zu Helga B., die auf demselben Flur wohnte. Reich sollte die alte Dame sein, hatten sie gehört. Die Polizeiakte listet auf, was sie erbeuteten, nachdem die Frau tot war: 50 Euro, einen Fotoapparat und diverse Lebensmittel. Der Prozess vor der Schwurgerichtskammer beginnt am 29. November.

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