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Landeshauptstadt: Ravensberge zum Anfassen

Schweiß, aber kein Preis für Kartographie-Azubis

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Wie eine Chirurgin hält Heike Sehmisch ein kleines Messer in der Hand. Es ist kein Skalpell und was sie damit schneidet, ist eine dünne Pappe.

„Cutter“ nennen die Kartographen das abgewinkelte Messerchen. Zusammen mit ihren Azubi-Kolleginnen Stephanie Kargert und Melanie Seedorf hat Sehmisch in einer Art Puzzle-Arbeit das Geländeprofil des Gebietes rund um die Ravensberge zusammengesetzt. Herausgekommen ist ein Modell „zum Anfassen“ im Maßstab 1:25 000. Anders als eine gewöhnliche Karte mit Höhenlinien können selbst blinde und sehbehinderte Menschen sich ein Bild von dem hügeligen Gelände machen. Das Ergebnis ist im Foyer des Landesbetriebs Landvermessung und Geobasisinformation Brandenburg in der Heinrich-Mann-Allee 103 zu besichtigen. Es zeigt das wasser- und waldreiche Gebiet rund um den Kleinen und Großen Ravensberg bis hin zum 124,7 Meter hohen Wietkikenberg in Ferch.

Sechs Monate lang haben die drei Kartographie-Lehrlinge, von denen Melanie Seedorf inzwischen ausgelernt hat, an dem Projekt, das sie auf 48 Seiten dokumentiert haben, gearbeitet. Auf den Fotos der Dokumentation ist die ganze Mühsal der filigranen Arbeit erkennbar bis hin zu Angaben über die verbrauchten Tuben Uhu-Alleskleber und die zerschnittenen Pappen. „Unsere Ausdauer und Geduld wurden auf eine harte Probe gestellt“, heißt es in der Broschüre. Aber auch: „Zugleich wurden durch die Gruppenarbeit unsere Teamfähigkeit und Kompromissbereitschaft trainiert.“

Das eindrucksvolle Ergebnis einer analogen Reliefdarstellung ist der Lohn für die Mühe.

Stephanie Kargert berichte, dass sie die Arbeit auf Anregung ihres Ausbilders Holger Kielblock in Angriff genommen haben, um sich um den Ravenstein-Förderpreis, der für Kartographie-Leistungen vergeben wird, zu bewerben. Doch am Ende reichte es nicht für einen Preis, der insgesamt mit 2650 Euro dotiert ist. „Unser Fehler war, dass es uns zu riskant war, das Modell nach Frankfurt am Main zu schicken und die Broschüre hat die Jury wohl nicht überzeugt.“

Die Themen der aktuellen Preisträger zeigen, dass multimediale Methoden, Internetauftritte und „interaktive Flash- Animationen“ offenbar mehr gefragt sind als eine noch so gediegene analoge Darstellung eines Landschaftsreliefs. Für den Ausbilder Holger Kielblock ist das „analoge Relief“ der Ravensberge seiner drei Lehrlinge ein Nachweis ihres beruflichen Niveaus und ihres Fleißes. Ein schriftliches Lob, als „Fanpost“ ans schwarze Brett geheftet, zeigt, dass es auch anderen Betrachtern gefällt. Wie Kielblock berichtet, sei es eine rein freiwillige Leistung der Auszubildenden.

Der Landesbetrieb Landesvermessung bilde jedes Jahr zwei Lehrlinge auf diesem Fachgebiet aus. Der Ansturm auf die Stellen sei groß, so dass eine Auswahl nach Einstellungstests erfolgen müsse. Das Berufsbild des Kartographen habe sich in den letzten zehn Jahren völlig verändert. Zunehmend seien Arbeitsfelder wie Web-Gestaltung, Internet-Kartographie und anderes dazugekommen. „Ich muss selbst ständig wieder dazulernen“, sagt Kielblock. Wie er erzählt, erhalten die Auszubildenden nach erfolgreicher Prüfung in der Regel einen auf ein Jahr befristeten Vertrag beim Landesbetrieb. Und danach? Die Situation werde immer schwieriger, da der Arbeitsmarkt infolge der technischen Entwicklung und Rationalisierungen in den Kartenverlagen immer dünner werde. Viele Kartographen suchten daher Nischen in anderen Bereichen wie zum Beispiel in Werbeagenturen. Einer der berühmtesten Kartographen ist Martin Behaim (1459–1507), der Erbauer der ältesten erhaltenen Globus, dem Martin Behaims Erdapfel.

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