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FH: Nahostexperte Ulrich Sahm über Israels Vergeltungsaktionen
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FH: Nahostexperte Ulrich Sahm über Israels Vergeltungsaktionen Täglich erreichen uns neue Meldungen eskalierender Gewalt im Irak, Bilder von grausigen Anschlägen in Riad, Tel Aviv, Jerusalem, Berichte über geplante Terrorakte in Jordanien. Droht eine ganze Region im Chaos zu versinken? Für europäische Augen ist es nicht leicht, sich im Dschungel der Informationen und Meinungen zurechtzufinden. So wirken viele Erklärungsmodelle einfach und schlüssig, obwohl sie oft nur einen Teil der Wirklichkeit abbilden. Am Dienstagabend gab es in der Fachhochschule Potsdam die Gelegenheit, mehr über die Hintergründe der Konflikte zu erfahren. Auf Einladung von Prof. Karin Weiß und Rudi Pahnke, Leiter des Instituts Neue Impulse, sprach der in Jerusalem lebende Nahostexperte Ulrich Sahm über die aktuelle Lage im Irak und in Israel. Als Sohn eines deutschen Diplomaten in mehreren europäischen Hauptstädten aufgewachsen, berichtet er seit Jahrzehnten als Korrespondent, wie derzeit für den Nachrichtensender NTV, aus der Krisenregion. Natürlich sei die derzeitige Lage im Irak dramatisch. Ulrich Sahm sieht jedoch trotz aller Gefahren auch das Entwicklungspotential einer „faszinierenden Situation“, die eine jahrzehntewährende geopolitische Ordnung aufgebrochen habe. Staaten wie der Irak entstanden nach dem Ersten Weltkrieg am Reißbrett der Kolonialmächte und orientierten sich in keiner Weise an ethnischen oder religiösen Gegebenheiten. Wie instabil diese künstliche geschaffene Ordnung war, zeige sich heute, da der Irak in sunnitische, schiitische und kurdische Gebiete zu zerfallen drohe. Die derzeitigen Initiativen des vielfach geschmähten „Bulldozers“ Ariel Sharon betrachtet Sahm als Chance, nach Jahren des völligen Stillstands endlich wieder Bewegung in die verfahrene Situation zu bringen. Ob der Abzug des israelischen Militärs aus dem Gazastreifen oder der Bau des Grenzzauns die richtige Lösung bringe, werde sich zeigen. Entscheidend sei, dass überhaupt etwas passiere, schließlich drängten die katastrophale Lage in den Palästinensergebieten und das berechtigte israelische Sicherheitsbedürfnis nach Fortschritten. Insofern ziele die Kritik der Europäer an Israel ins Leere. Hart ging Sahm mit Jassir Arafat ins Gericht. Der nach wie vor populäre Palästinenserpräsident habe sich bisher einer Lösung des Konflikts versagt, schließlich sei er in erster Linie dafür verantwortlich, dass die Palästinenser noch immer vergeblich auf einen eigenen Staat warteten. Aus einsichtigen Gründen, so Sahm. Ein Staat Palästina würde den Konflikt auf die Ebene eines gültigen Krieges heben. Auf einen Selbstmordanschlag könne Israel dann mit dem Recht eines angegriffenen Staates reagieren. Arafat, der seine Macht auf die durch Korruption und Vetternwirtschaft zerrüttete Autonomiebehörde stütze, würde zudem den Nimbus des Präsidenten ohne Land, der ihm als ehemaligen Terroristen weltweite Achtung bescherte, verlieren. Sahm verteidigte daher auch die gezielten Tötungen an Hamas-Führern, schließlich besitze Israel das legitime Recht zur Selbstverteidigung. Ein Selbstmordanschlag sei eine „riesige logistische Aktion“, mit Verantwortlichen im Hintergrund, gegen die Arafat trotz eines gewaltigen Sicherheitsapparates nicht vorzugehen bereit sei. Ulrich Sahms Versuch, mit deutlichen Zuspitzungen Probleme auf den Punkt zu bringen, stieß auf lebhafte Kritik, doch fühlte er sich in der Rolle des souverän Parierenden offenbar wohl. Ihm ginge es nicht darum, mit erhobenem Zeigefinger zu argumentieren, oder gar Lösungsvorschläge zu offerieren. Als Journalist könne er lediglich versuchen, Hintergründe auszuleuchten, um ein einigermaßen klares Bild der komplexen Problemlage zu skizzieren. Carsten Dippel
Carsten Dippel
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