
© Manfred Thomas
Sport: Reden über Titel
Bei Turbine Potsdam werden die Saisonziele jetzt offensiver formuliert. Nicht nur die eigene Leistung in der Champions League, sondern auch das Straucheln des Bundesliga-Tabellenführers lieferte den Anlass
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Die Zurückhaltung ist plötzlich weg, und man hatte nach dem 4:1 (2:0)-Sieg von Turbine Potsdam gegen ASD Torres im Champions-League–Viertelfinale den Eindruck, dass Turbine-Trainer Bernd Schröder auf diesen Moment gewartet hatte. Es war nicht nur der bereits vor dem Anpfiff hochwahrscheinliche Einzug ins Halbfinale gewesen – Turbine hatte das Hinspiel mit 8:0 auf Sardinien gewonnen – und das nun am 19. April anstehende Aufeinandertreffen mit Triple-Sieger Wolfsburg im Karl-Liebknecht-Stadion, das ihn bewegte. Fernab der Champions League, quasi eine halbe Etage tiefer, hatte Bundesliga-Spitzenreiter 1. FFC Frankfurt am Samstag durch ein 0:0 bei Leverkusen Federn gelassen. Turbine kann jetzt in zwei Wochen durch einen Sieg gegen Hoffenheim die Tabellenspitze übernehmen. Und „wenn wir vorn stehen, lassen wir uns diesen Titel nicht mehr nehmen“, sagte Schröder in der Pressekonferenz nach dem Abpfiff.
So selbstbewusst gab man sich bei Turbine bisher nicht. Zuletzt hieß es immer, dass die Qualifikation für die Champions League angestrebt wird – damit war man als Tabellenzweiter bisher im Soll. Schröder sprach nicht als Einziger von Titeln. Auch Jennifer Zietz sieht die Mannschaft „stark genug, beide Titel zu erspielen“ – den in der Meisterschaft und den in der Champions League. „Wir sind nicht irgendwer, wir brauchen uns nicht zu verstecken“, sagte Zietz, seit 1998 im Verein, mit Blick darauf, dass Turbine schon viele Saisons konstant oben dabei ist. In der Champions League gegen Wolfsburg erwartet sie zwei Heimspiele – eines davon in der VW-Stadt, wo sie mit vielen Turbine-Anhängern rechnet.
Die Zahl der Turbine-Fans war auch die eigentliche Überraschung des Spieles gegen Torres. 2830 hatten den Weg ins Stadion gefunden und sich mehrheitlich auf die sonnenüberflutete Gegentribüne gestellt. Sie sahen eine gute Partie, in der die Italienerinnen sich nicht versteckten, sondern zeigten, dass sie keine acht Tore schlechter sind – letztlich aber ohne Chance blieben. Etwa 30 Minuten lang wehrten sie sich erfolgreich, ehe Asano Nagasato mit einem verdeckten Schlenzer ins lange Eck den ersten Treffer erzielte und Lia Wälti anschließend einen Torwartfehler von Arianne Criscione zur 2:0-Halbzeitführung nutzte. Auch nach dem 2:1-Anschlusstreffer, bei dem sich Giulia Domenichetti im Strafraum durchsetzte, geriet der Sieg nie in Gefahr. Die eingewechselte Ada Hegerberg meldete sich nach ihrer Verletzung mit zwei Treffern und einer sehr engagierten Leistung wieder zurück. Turbine blieb bis zum Ende spielbestimmend, auch wenn der letzte Pass nicht immer ankam und Lia Wälti die gelbgesperrte Julia Simic im Mittelfeld nicht ersetzen konnte. Mit zwei starken Paraden bewahrte die lange beschäftigungslose Torhüterin Ann-Kathrin Berger, die gegen Torres Spielpraxis erhielt, ihre Vorderleute vor einem weiteren Gegentreffer.
„Ich dachte, die Italiener wollen nur ein Okay-Spiel machen, aber sie haben uns richtig gefordert“, sagte Hegerberg nach dem Spiel. Die schwedische Torjägerin - zur Halbzeit eingewechselt und zu zwei Torchancen kommend - wirkte mit ihren ersten 45 Minuten zufrieden. „Es ist immer schön, schnell zurückzukommen“, sagte sie nach dem Abpfiff, „ich bin wieder im Rhythmus.“
Der Rhythmus ist auch derweil die einzige Sache, um die sich Turbine-Trainer Schröder Sorgen macht: Acht Spielerinnen sind in die Nationalteams berufen worden, weshalb er die Trainingsintensität bereits seit einer Woche um 50 Prozent erhöht habe.
Turbine: Berger; Draws, Kemme (68. Göransson); Bremer, Zietz Wälti, Mjelde, Cramer; Anonma (68. Andonova), Nagasato (46. Hegerberg), Evans
ASD Torres: Criscione; Bartoli (82. Piacezzi), Tona, Motta, Cimini; Iannella, Domenichetti, Maendly, Stracchi (75. Marchese), Gisladottir (55. Galli); Panico
Tore: 1:0 Nagasato (38.), 2:0 Wälti (43.) , 2:1 Domenichetti (49.), 3:1, 4:1 Hegerberg (54., 85.)
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