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Am Mittwoch löste Daniel Farin seinen Vertrag mit dem Chemnitzer FC, nun ist er zurück beim SV Babelsberg 03. 

© Hendrik Schmidt/dpa

SV Babelsberg 03: Regionalligist holt umstrittenen Stürmer Daniel Frahn zurück

Der einstige Aufstiegsheld ist wieder beim SVB - allerdings mit angekratztem Image. Ihm lastet ein Nazi-Vorwurf an. Verein und Spieler positionieren sich deutlich. 

Von Tobias Gutsche

Potsdam - Es ist der siebte Winter-Neuzugang des SV Babelsberg 03 – und diese Verpflichtung wird wohl bundesweit für viel Aufsehen sorgen: Wie der abstiegsbedrohte Fußball-Regionalligist am Freitagabend den PNN offiziell mitteilte, hat er Daniel Frahn bis zum Ende der laufenden Saison unter Vertrag genommen. Der Stürmer ist ein früherer SVB-Aufstiegsheld, doch kehrt er mit einem angekratzten Image zurück.

Sein vorheriger Arbeitgeber, der Drittligist Chemnitzer FC, hatte sich von ihm wegen „massiv vereinsschädigenden“ Verhaltens getrennt. Dem gebürtigen Potsdamer wurde Nähe zu rechtsradikalen Chemnitzer Hooligans vorgeworfen. Beide Parteien stritten sich vor dem Arbeitsgericht und lösten am vergangenen Mittwoch den Vertrag einvernehmlich auf. Nun wird Frahn wieder für den SVB auflaufen – den politisch linksorientierten Verein, der für seinen Kampf gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Intoleranz viel Anerkennung in Deutschland erntet. Zum Beispiel mit seiner Kampagne „Nazis raus aus den Stadien“.

2010 wurde Daniel Frahn Regionalliga-Torschützenkönig und schoss den SVB so in die 3. Liga. 
2010 wurde Daniel Frahn Regionalliga-Torschützenkönig und schoss den SVB so in die 3. Liga. 

© Manfred Thomas

Der Verpflichtung des 32-Jährigen sei daher in den Gremien des Kiezklubs eine intensive und kritische Auseinandersetzung vorausgegangen, ob der SVB und Frahn zusammenpassen, heißt es in einer Pressemitteilung der Nulldreier. „Nach den Gesprächen mit Daniel Frahn bin ich überzeugt, dass er keine Nähe zu rechtem Gedankengut hat. Aber es besteht auch kein Zweifel daran, dass sein Agieren in Chemnitz kritisch zu hinterfragen war“, sagt Vereinspräsident Archibald Horlitz. „Dies haben wir ausführlich getan und sind zu dem Schluss gekommen, dass wir, unter Berücksichtigung aller Aspekte und seinem klaren Bekenntnis zu den Werten unseres Vereins, ihn willkommen heißen.“

Frahn selbst betont, er habe in der Vergangenheit Fehler gemacht, Situationen, Hintergründe und Leute nicht ausreichend hinterfragt und sei somit der Rolle als Kapitän und Spieler nicht gerecht geworden. „Aber ich bin kein Nazi und distanziere mich eindeutig von rechtem Gedankengut und Menschen mit dieser politischen Einstellung. Mit meiner Rückkehr zum SVB will ich mich nicht reinwaschen“, sagt Frahn.

Hooligan-Shirt und Fanblock-Aktion

Während seiner knapp vier Jahre beim Chemnitzer FC kam es zu zwei öffentlichen Vorfällen, die ihn in Verbindung zum rechten Spektrum brachten.

Während des Regionalliga-Heimspiels gegen Altglienicke im März 2019 hielt Frahn beim Torjubel ein T-Shirt mit der Aufschrift „Support your local Hools“ (Unterstütze deine lokalen Hooligans) hoch. Und das geschah in genau jener Partie, bei der vor dem Anpfiff im Chemnitzer Fanblock eine umfangreiche Trauerbekundung für den gestorbenen Neonazi Thomas H. stattgefunden hatte. Der sächsische Verein belegte Frahn daraufhin mit einer Geldstrafe. Vom Nordostdeutschen Fußballverband wurde er zu vier Spielen Sperre (zwei davon auf Bewährung) und 3000 Euro Geldstrafe verurteilt. Der Stürmer selbst hatte sich für sein Verhalten entschuldigt und in einer Stellungnahme betont, er sei kein Nazi. Das hochgehaltene Shirt habe nicht dazu gedient, ein politisches Statement zu setzen. „Mir war auch nicht bewusst, dass dieses Shirt so tief in der Neonazi-Szene verankert ist“, hatte er erklärt.

Fast vier Jahre lang spielte Daniel Farin für den Chemnitzer FC. 
Fast vier Jahre lang spielte Daniel Farin für den Chemnitzer FC. 

© Robert Michael/dpa

Nach dem Aufstieg der Chemnitzer in die 3. Liga, zu dem Frahn 24 Tore beigesteuert hatte, fiel der Spieler dann abseits des Rasens fragwürdig auf. Als er verletzt war, verfolgte Frahn das Auswärtsspiel seiner Mannschaft gegen den Halleschen FC im Gästeblock und stellte dabei „offenkundig seine Sympathie zu führenden Köpfen der rechts gesinnten Gruppierung 'Kaotic Chemnitz' und der aufgelösten Gruppe 'NS-Boys' zur Schau“, wie der CFC damals befand. Damit wurde eine fristlose Kündigung begründet. Nach "Spiegel"-Informationen fuhr Frahn in seinem Privat-Pkw mit „Kaotic“-Mitgliedern zu dem Spiel. Erneut bekräftigte er danach, nichts mit Rechtsradikalen zu tun zu haben, geschweige denn, selbst einer zu sein.

Gegen die Kündigung seines bis Sommer 2021 laufenden Vertrags war Frahn arbeitsrechtlich vorgegangen. Im Dezember hatte das Gericht die Entlassung für unwirksam erklärt, woraufhin der Verein in Berufung ging. Bevor aber der Fall in einer weiteren Instanz verhandelt wurde, einigten sich beide Parteien nun doch außergerichtlich. Wie die "Bild"-Zeitung berichtet, sollen Frahns Anwälte 240.000 Euro Abfindung gefordert haben. Der Chemnitzer FC lehnte diese Summe ab. Letztlich soll der Streit mit einer Zahlung von 60.000 Euro beigelegt worden sein. „Das Kapitel CFC ist zu Ende!“, schrieb Frahn nach der Vertragsauflösung auf seiner Facebook-Seite. „Damit endet endlich eine unfassbar schwierige Zeit der letzten sechs Monate für mich, in der ich aber auch viel dazu gelernt habe.“ Er sagte zugleich danke für viele schöne Momente in Chemnitz und an „viele Wegbegleiter, die zu wahren Freunden geworden sind“. Und: „Jetzt heißt es nach, vorne schauen und gucken, was die Zukunft bringt.“

Schon seit Monaten hielt er sich in Potsdam und Umgebung fit

Diese Zukunft ist zugleich seine Vergangenheit. Der Mann, der einst beim FV Turbine Potsdam mit dem Fußball begann und später an die Cottbuser Sportschule ging, lief bereits von 2007 bis 2010 für den SV Babelsberg 03 auf. In 89 Pflichtspielen erzielte er 45 Tore. Seine 29 Treffer in der Saison 2009/10 brachten ihm nicht nur die Torjägerkanone in der damaligen Regionalliga Nord ein, sondern dem SVB auch den Drittliga-Aufstieg. Frahn blieb jedoch in der vierten Liga, wechselte zu RB Leipzig, bei dem er zum Publikumsliebling wurde und bis in die 2. Bundesliga aufstieg. 2015 ging er zum Zweitligisten 1. FC Heidenheim, von dem er aber nach nur einem halben Jahr wieder weiter Richtung Chemnitz zog. 

Nach Frahns Entlassung stellte sich die CFC-Fanszene demonstrativ auf die Seite des Spielers mit der Rückennummer 11. 
Nach Frahns Entlassung stellte sich die CFC-Fanszene demonstrativ auf die Seite des Spielers mit der Rückennummer 11. 

© Robert Michael/dpa

Nach seiner dortigen Freistellung vom Trainingsbetrieb sei der verheiratete Mann und Vater eines dreijährigen Sohnes wieder bei seinen Eltern in Potsdam aufgenommen worden, hatte Frahn auf Facebook geschrieben. Demnach trainierte er auch zwei Monate lang beim Brandenburgliga-Spitzenreiter RSV Eintracht 1949 Teltow/Kleinmachnow/Stahnsdorf mit, um sich fit zu halten. Ebenso wurde er beim Training von dem in Potsdamer Sportlerkreisen geschätzten Physiotherapiezentrum Amvicu unterstützt. 

Während der Rückrundenvorbereitung stieg Frahn dann auch schon ins Training des SVB ein, ehe er dort nun vollwertig zum Team gehört. Babelsberg ist nach der schlechtesten Hinrunde der Vereinsgeschichte abstiegsgefährdet. „Ich bin hier, weil ich meinen Heimatverein in einer sportlich schwierigen Situation sehe, helfen möchte und weil mich diese sportliche Herausforderung reizt“, sagt Frahn.

Am Sonntag bestreiten die Nulldreier um 13.30 Uhr ihr erstes Pflichtspiel des Jahres. Im heimischen Karl-Liebknecht-Stadion ist dann die BSG Chemie Leipzig zu Gast – ein Klub, der wie der SVB energisch gegen rechte Umtriebe kämpft.

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