Landeshauptstadt: Reise nach Jerusalem
Der Evangelisch-Kirchliche Hilfsverein half vor 110 Jahren bei der Errichtung der Erlöserkirche
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Da staunten die Mitglieder des Evangelisch-Kirchlichen Hilfsvereins (EKH) nicht schlecht: Als der EKH-Vorstand vor Kurzem anlässlich einer Israel-Reise in der Jerusalemer Erlöserkirche war, hob der Pfarrer eine Altardecke hoch und zeigte eine steinerne Gedenkplakette. Darauf steht: Gestiftet vom Evangelisch Kirchlichen Hilfsverein und vom Evangelischen Bauverein, Berlin, zum 22. Oktober 1898. Also morgen vor 110 Jahren.
Wir hatten unsere Bedeutung für die Jerusalemer Erlöserkirche gar nicht so hoch eingeschätzt, erklärte Peter Leinemann gestern den PNN. Damals war der EKH noch in Berlin ansässig. Die Gelder für die Errichtung des Kirchenbaus in der Altstadt von Jerusalem stammten vom deutschen Kaiser Wilhelm II. – und von Spendenmitteln des EKH. Die damalige Intention, in Jerusalem tätig zu sein, erfolgte Leinemann zufolge „ganz eindeutig in Erinnerung an den Kreuzfahrer-Gedanken“. Es ging darum, „Jerusalem für die Christenheit zu sichern“ – immerhin schon nicht mehr mit Krieg, sondern mit imposanten Gebäuden.
Wie Leinemann erinnerte, bestand Kaiser Wilhelm II. darauf, mit vollem Ornat in Jerusalem einzureiten. Allerdings in voller Montur hoch zu Ross durch das Jaffa-Tor zu reiten, das hätte nur einem Sieger und Besatzer zugestanden. So musste ein Kompromiss her, erzählt Leinemann: Neben dem Jaffator wurde eine Bresche in die alte Stadtmauer gerissen, durch die ritt dann der Kaiser mit seinem Gefolge.
Noch heute engagiert sich der EKH in Jerusalem, wenn auch mit weit anderen Vorzeichen als noch zur Kaiserzeit. Etwaige missionarische Intentionen gibt es nicht mehr, versichert Leinemann „hoch und heilig“. Grund der Israel-Reise war die Schenkung von 10 000 Euro an zwei Schulen, eine in Bethlehem und eine in Bethsahur. Diese Schulen bieten interkonfessionellen Unterricht an für islamische und für christliche Schüler – und das, so Leinemann, ist heute die EKH-Absicht: Die Minimierung von Konflikten. Wenn die Kinder unterschiedlicher Glaubensrichtungen miteinander lernen, dann erwächst daraus vielleicht eine andere Generation, „die andere Wege findet, als aufeinander zu schießen“, erläutert der EKH-Geschäftsführer. Die Schüler würden erkennen, dass das religiöse Anderssein sich zumeist nur in der Tatsache äußert, dass sie „unterschiedliche Feiertage haben“. Andererseits weiß Leinemann, dass es von Deutschland aus nicht möglich ist, Ratschläge für ein besseres Zusammenleben von Israelis und Palästinensern zu geben. Zu gegenwärtig sei in Israel „die Präsenz von Alltagshärte“.
Wie es schon beim Projekt der Erlöserkirche vor 110 Jahren war, so versieht der EKH noch heute seine Arbeit: „Wir schieben die Projekte an und hoffen dann, dass sie irgendwann selbständig laufen“, so Leinemann. So war es auch bei der Evangelischen Grundschule in Potsdam, die die Hofbauer-Stiftung übernahm. Und so soll es auch mit dem ehemaligen KGB-Gefängnis in der Leistikowstraße sein. Die heutige Gedenkstätte ist im Besitz des EKH, der die bauliche Konservierung des Haupthauses und den Bau eines Eingangs- und Servicegebäudes betreute. Doch betreiben werden soll die Gedenkstätte durch die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten.
Basis der Anschubfinanzierungen und Förderungen des EKH ist ein stiftungsähnliches Kapital von „mehreren Millionen Euro“, das sich unter anderem aus Spenden in der 120-jährigen EKH-Geschichte anhäufte. Angst vor der gegenwärtigen Finanzkrise habe er nicht, versicherte Leinemann: Das Geld sei „mündelsicher“ angelegt. Guido Berg
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