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Landeshauptstadt: Rekordbesuch im Elfenbeinturm

Anfassen und Begreifen bei der 7. Langen Nacht der Wissenschaften

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Wissenschaft ist wieder chic. Man will dabei sein, wo die Lösungen für die gravierenden Probleme der Erde gefunden werden. „Die klügste Nacht des Jahres“, wie für die siebte Lange Nacht der Wissenschaften geworben wurde, fand in Potsdam im „Wissenschaftspark Albert Einstein“ in der Nacht zu Sonntag 2500 Besucher.

Die Pisa-Katastrophe hat die Eltern wach gerufen, der Klimaschutz auf dem G-8-Gipfel den übrigen Zeitgeist. Viele Kinder und Jugendliche sah man unter denen, die bei bestem Wetter zu den vier Instituten auf dem Telegrafenberg pilgerten. „Wesentlich mehr Zuspruch als im letzten Jahr“, vermeldete Sprecher Franz Ossing vom Geoforschungszentrum (GFZ) bereits in der Nacht. Legt man die offiziellen Zahlen zugrunde haben sich die Besuche in Potsdam sogar verdoppelt. Dazu wird jeder Eintritt in ein Institutsgebäude bereits als Besuch gewertet. In Potsdam waren es danach 10300 einzelne Besuche. Insgesamt erzielte man in Potsdam und Berlin einen neuen Rekord: 149 000 solcher Eintritte in insgesamt 61 Instituten.

Das GFZ, die Polarforschung des Alfred-Wegener-Instituts (AWI), die Astrophysiker des Astrophysikalischen Instituts (AIP) und die Klimaforscher des PIK beteiligten sich mit hohem Aufwand. Bis ein Uhr waren die Türen geöffnet, mehr als 120 Wissenschaftler präsentierten die Ergebnisse ihrer Arbeit.

Die Atmosphäre auf dem baumreichen Gelände tut wohl. Zwischen den Häusern auf dem Rundweg herrscht kein Trubel. Sanfte Musik im Hintergrund.

Kinder bekommen vom GFZ ein „Erdbebendiplom“, nachdem sie mit einem Gummihammer auf einen Globus gedroschen haben. „Die Erschütterung wird mit einem Seismographen gemessen“, erklärt der kleine Fritz. „Ob das pädagogisch korrekt ist, auf den Erdball so einzuschlagen?“ fragt eine besorgte Beobachterin.

In einem „Demonstrator“, der aussieht wie ein teurer DVD-Player, wird Kohlendioxid unter Druck in seinen „überkritischen“ Zustand gebracht. Weder flüssig noch gasförmig, eher wabernd. Theoretisch, erklärt Andreas Jurczyk vom GFZ, könnte man alles überschüssige CO2 auf der Welt für die nächsten paar 100 Jahre in feinporigem Sandstein einlagern. Lässt sich wirklich die Welt retten, indem man das Übel einfach in den Boden pumpt?

Bei den Klimaforschern am PIK spielen Kinder gerade das Brettspiel „Keep Cool“. Es wurde am Institut entwickelt und schon über 3000 Mal verkauft. Jeder Spieler muss abwägen zwischen Entwicklung und Umweltschutz. „Willst Du die USA übernehmen?“, fragt ein Mädchen, das weitergehen möchte. „Die ist doch total pleite“, bekommt sie zu hören.

Bei den Eis- und Meeresforschern vom AWI kann man die Expeditionsausrüstung anprobieren. Bei der Hitze des Abends ist das nicht so beliebt. Ein Besucher kann es gar nicht glauben: „In einem so dünnen Zelt schlafen Sie in der Antarktis?“ Menschenschlangen bildeten sich am Würstchengrill, und besonders am majestätischen Großen Refraktor. Seine gigantische Kuppel öffnete sich gen klaren Himmel. Hunderte waren gekommen. Es bedurfte Geduld, um durch das zwölf Meter lange Technikmonument schauen zu können. Leider seien gerade weder Mond noch Planeten zu sehen, erklärt Andreas Kelz vom AIP, „Wir schauen deshalb auf den Stern Acturus.“ Egal, ob man nur einen hellen Punkt sieht: Felicitas aus Potsdam war trotzdem froh, dabei gewesen zu sein: „Der Stern war bunt, rot und hat geglänzt.“ Sie strahlt dabei wie eine Sonne. Eine ganze Nacht Wissenschaft zum Anfassen und Begreifen.

Matthias Hassenpflug

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