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Landeshauptstadt: Richstein im Sessel

Die Justizministerin beim Talk im Club 91

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Die Justizministerin beim Talk im Club 91 Es ist schade, dass der „Talk im Club“ bisher keine größere Beachtung bekommen hat. Denn: Hier treffen die Minister des Landes völlig barrierefrei auf die Probleme der jungen Leute. Der Club 91 ist als Räumlichkeit weder ein Vorzeigeobjekt, noch bereiten sich die „Jugendlichen“ besonders auf das Kommen der Politikerprominenz vor. Im Gegenteil: Bevor Persönlichkeiten, wie Justizministerin Barbara Richstein am vergangenen Dienstagabend, den großen Raum mit der dunklen Sitzecke betreten, scheinen alle Stammgäste genauso gelassen zu sein, wie an jedem anderen Tag auch. „Ich habe keine speziellen Fragen – mal sehen, was sich aus dem Gespräch ergibt“, sagt Danilo Hagemeister, der gerade „Vier gewinnt“ mit seiner Freundin spielt. Das Besondere und Gute an der Reihe „Talk im Club“ ist aber, dass sich – trotz oder wegen – dieser Egal-Haltung der jungen Leute dann doch sinnvolle Gespräche entwickeln. Spätestens nach zehn Minuten befinden sich der politische Gast und die Clubgänger in einer Diskussion, die ohne Wahlkampfgeplapper und lauthalse Störungen auskommt. So war es vor einem Monat mit Brandenburgs Bildungsminister Steffen Reiche und so verläuft es auch dieses Mal mit Barbara Richstein, Ministerin der Justiz und Europaangelegenheiten des Landes Brandenburg. Der reibungslose Ablauf dieser Talkrunden, in denen Entscheider und Betroffene aufeinander treffen, ist zu einen großen Teil der Verdienst von Peter Neumann. Der Club-Mitarbeiter tritt immer als gut vorbereiteter Moderator auf, der aber nicht versucht, den jungen Leuten ein Thema vorzugeben. Mit Hilfe von persönlichen Fragen und einem speziellen Quiz, bei dem die Politiker mit gezogenen Einzelwörtern eine Geschichte bilden sollen, schafft er eine lockere, unverkrampfte Gesprächsatmosphäre. Das muss auch Barbara Richstein so empfunden haben. „Es war wesentlich angenehmer als im Rechtsausschuss Rede und Antwort zu stehen“, sagt sie später, immer noch ganz entspannt in einem alten Sessel sitzend. Die Justizministerin war durch die Misshandlungen der Beamten in der JVA-Brandenburg in die Kritik geraten. Aber der Skandal wird während des Gespräches im Club von niemandem thematisiert. Trotzdem: Vor allem die Rechtausübung durch den Staat scheint etwas zu sein, dass die Clubbesucher brennend interessiert. Allerdings nicht wie erwartet: „Die Justiz ist zu weich“, behaupten einige junge Männer und führen angebliche „Fernseher in jeder Zelle“ als Beweis dafür an, dass „Knast keine Bestrafung mehr „ sei. Darauf fragt Richstein spontan: „Wann waren Sie das letzte Mal im Knast?“. Gröhlendes Gelächter erschallt. Richstein versinkt ein wenig tiefer im Sessel und schiebt kleinlaut hinterher: „Ich meine zu Besuch.“ Aber so hat die Ministerin doch das Eis gebrochen.Für einige Bereiche, wie Kinderpornographie, hält Richstein eine härtere Bestrafung für notwendig. Aber die Todesstrafe lehnt sie ab: „Schließlich gibt es auch Fehlurteile“, gibt die Ministerin zu bedenken. Außerdem sei die Bestrafung eines Täters der eine Teil des Strafvollzuges. Der andere muss dem Täter, der weiterhin ein Mensch mit Grundrechten sei, die Wiedereingliederung in die Gesellschaft ermöglichen. Überhaupt plädiert Richstein dafür, die Fehler im System nicht immer bei der Justiz zu suchen, sondern der Gesellschaft mehr Eigenregulierung zu übertragen. Für die Jugendlichen sei das „Ausprobieren“ normal, sagt die Ministerin, fragt aber: „Wie weit geht der Reiz, etwas Unerlaubtes zu tun?“. Bei dem Stichwort „Entkriminalisierung“, beispielsweise bei Ladendiebstahl, ist Richstein mit den jungen Leuten einig: „Das funktioniert nicht“. Bei der Legalisierung von weichen Drogen, wie Haschisch und Marihuana, trifft sie auf einen konsequenten Befürworter. Aber das Gespräch bleibt nicht hängen: Vandalismus, Graffiti, immer jüngere Täter, Straftaten unter Alkohol oder die Frage: „Werden Prominente milder bestraft?“ – die Ministerin nimmt jedes Thema an. „Das Urteil zu Daniel Küblböck würde mich auch mal interessieren“, sagt sie. „Die Politiker wirken ganz anders, wenn man sie persönlich erlebt“, sagt der 19-jährige Danilo zum Schluss erstaunt, die Ministerin habe „sehr gut argumentiert und ist nie ins Stocken gekommen“. Der nächste Gesprächspartner wird am 27. Juli Matthias Platzeck, Ministerpräsident des Landes Brandenburg, sein

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