Sport: Richtung Peking
Arne Maury möchte als Steuermann des Vierers der deutschen Handicap-Ruderer zu den Paralympics
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Ruhig und malerisch liegt das Wasser. Plötzlich stören Rufe die Idylle. Lauthals kommandiert Arne Maury den Deutschland-Vierer der Handicap-Ruderer. Der 23-jährige Steuermann aus Stahnsdorf hat gute Chancen sich mit seinen Ruderern für die Wettkämpfe in Peking im kommenden Jahr zu qualifizieren. Allerdings nicht für die Olympischen Spiele, sondern für die Paralympics, die traditionell nach den „großen Spielen“ ausgetragen werden.
Seit 2003 steuert Maury die Handicap- Ruderer; erst ein Jahr zuvor wurde die Sportart für Menschen mit Behinderung offiziell ins Leben gerufen. Anfangs waren im Wettkampfbetrieb neben körperlich auch geistig oder psychisch beeinträchtigte Menschen zugelassen. Mittlerweile dürfen ausschließlich körperlich Behinderte an den Start gehen. „Zuvor wurde teilweise betrogen und Behinderungen vorgetäuscht“, meint Maury. Der Auszubildende zum Elektroniker selbst ist dabei, weil der Steuermann der Handicap-Ruderer nicht behindert sein darf.
Maury gilt als verlängerter Arm des Bundestrainers Christian Lerch. „Da ich mit im Boot sitze, bin ich natürlich viel näher am Geschehen dran, kann beeinflussen und korrigieren“, sagt er. Während im Training die Inhalte seiner Rufe noch inhaltlich relevant seien, werde „im Wettkampf meist nur noch geschrien und angepeitscht“.
Seit nunmehr zehn Jahren sitzt Maury im Ruderboot, von Beginn an als Steuermann. „Da ich sehr klein und leicht bin, eigne ich mich gut für diese Position“, erklärt der gebürtige Potsdamer. 2002 wurde er für die Potsdamer Ruder-Gesellschaft Dritter bei den Junioren-Weltmeisterschaften. Mittlerweile aber steuert er nur noch Handicap-Ruderer. „Mein damaliger Trainer meinte, ich solle mich entscheiden“, erzählt Maury. Er entschied sich für die Ruderer mit Handicap. Und das mit Erfolg: Gleich im ersten Jahr steuerte er sein Boot zum Vizeweltmeistertitel. Trotzdem saßen die Handicap-Ruderer bislang aber nur in einem Leihboot, da sich der Deutsche Ruder Verband und der Behindertensportverband „gegenseitig die Verantwortung zuschoben“, beklagt Maury. Mittlerweile hat das Nationalteam ob der Erfolge immerhin ein eigenes Boot in Aussicht. Mit dem soll es in diesem Jahr noch eine Stufe hinauf gehen: vor den Weltmeisterschaften in München Ende August/Anfang September zeigt sich der Steuermann optimistisch: „Wenn alles normal läuft, gehen wir vom Sieg aus.“
Zwei Rudererinnen müssen laut Reglement mit im Vierer sitzen. Kathrin Wolf und Susanne Lackner bilden gemeinsam mit Michael Sauer und Marcus Klemp den deutschen Handicap-Vierer. Sie stammen aus Rostock und München, die blinde Susanne Lackner wohnt derzeit in Kopenhagen. „Da ist es natürlich schwer, Termin und Ort für ein gemeinsames Training zu finden“, so Steuermann Maury.
Nur etwa drei Wochen hat das Quintett in diesem Jahr zusammen trainiert, jedes mal auf der Regattastrecke in Oberschleißheim. Im Norden Münchens wurden 1972 auch die Ruder-Wettbewerbe der Olympischen Spiele ausgetragen, und in diesem Spätsommer finden dort die Weltmeisterschaften statt. Bei denen muss dann mindestens Rang sechs erreicht werden, um sich für Peking zu qualifizieren. Was für den Vierer und seinen lautstarken Steuermann aus Stahnsdorf kein Problem darstellen sollte.
Hubertus Rössler
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