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Awo-Weihnachtsfeier im Dorint Hotel Potsdam: Riesentorte und Fußballträume

Zur achten Awo-Weihnachtsfeier „Von Herzen“ kamen 950 Gäste ins Dorint Hotel, darunter viele Kinder. Es waren deutlich mehr Gäste als in den vergangenen Jahren.

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Potsdam - Die Mädchen staunen. „Einen Meter ist die Torte groß?“ Der junge Mann vom Service, der das prächtige Stück bewacht, nickt. „Sogar einen Meter zwanzig.“ Das können die Mädels kaum glauben. Alles hier im Dorint Hotel ist groß und üppig, das Essen lecker und reichlich bei der Awo-Weihnachtsfeier am gestrigen Mittwoch. Es ist das achte Mal, dass der Bezirksverband finanziell bedürftige Personen zu einem festlichen Essen eingeladen hat. In diesem Jahr haben sich 950 Gäste angemeldet – so viele wie noch nie, zum Start im Jahr 2009 waren es 450.

Ob das ein Indiz dafür ist, dass die Armut zugenommen hat, kann Petra Hoffmann von der Awo nicht genau sagen. Dass immer mehr kommen, liegt wohl auch daran, dass die Träger mehr Menschen erreichen und es sich rumgesprochen hat, dass es eine schöne Veranstaltung ist. „Es gibt Frauen, die sich schon Monate vorher genau absprechen, mit welcher Tram sie und ihre Familien hierher fahren“, sagt Hoffmann.

Kinder- und Altersarmut seien zunehmend ein Problem

Natürlich lasse sich nicht von der Hand weisen, dass es in Potsdam viele Menschen in schwierigen Verhältnissen gibt, sagt sie auch. Sowohl Altersarmut als auch Kinderarmut seien zunehmend ein Problem. Unter den Gästen sind viele Familien, insgesamt 360 Kinder sind angemeldet. Für sie gibt es im Hotel ein Spielzimmer und Geschenke, für jeden eines. Dafür spendete der Runde Tisch Kinderarmut vom Landessozialministerium 6300 Euro. Ministerin Diana Golze (Linke) kommt gestern sogar persönlich vorbei. Weitere 21 000 Euro kamen an Spenden zusammen – für das Essen. Von den gesammelten Spenden der Awo-Ortsvereine bekommt jeder Erwachsene ein Geschenk, Socken, Schal, Duschbad, etwas, das jeder gebrauchen kann.

Aber das ist vielleicht gar nicht das Entscheidende am Erfolg dieser besonderen Weihnachtsgala. Es ist der Nachmittag an sich, der für viele mittlerweile ein Höhepunkt im Jahr geworden ist. Einmal in einem schicken Hotel zu Besuch sein dürfen, sich am üppigen Büfett zu bedienen, Freunde treffen, mit ihnen zusammen ausgehen – das können sich, sagt Hoffmann, viele der hier Anwesenden nicht leisten.

"Uns will doch sowieso keiner haben"

Auch nicht die Familie aus Waldstadt, Vater, Mutter, vier Kinder. Arbeitssuchend sei er, sagt der Mann, und seine Frau im Babyjahr, das bedeutet Hartz IV für alle. Bis vor einem halben Jahr arbeitete er noch als Gabelstapler, dann wurde ihm gekündigt. Er habe sich sowieso ausgebeutet gefühlt, sagt er. Den Mindestlohn gab es nur auf Papier, er musste Überstunden machen. Ein neuer Job ist schwer zu finden. Jetzt bräuchte die Familie auch noch eine größere Wohnung, aber die wenigen Fünf-Zimmer-Wohnungen, die es in Potsdam gibt, sind für sie unerschwinglich. „Und uns will doch sowieso keiner haben, auch wenn das Amt die Miete zahlt“, sagt der Familienvater. Nun sitzen sie hier mit Freunden, die sie vom Awo-Familienhaus Am Stern kennen.

Auch eine alleinerziehende Mutter aus Fahrland ist dabei, von ihren fünf Kindern hat sie zwei mitgebracht. Die große Tochter freut sich schon auf das Geschenk. „Hier gibt es immer schöne Sachen.“ Barbiepuppen und Fußbälle zum Beispiel. „Geschenke kaufen für fünf Kinder – das ist schwer“, sagt ihre Mutter. Dabei hat sie Arbeit, im Sicherheitsdienst. Sie wird sogar an den Feiertagen arbeiten, nachts, wenn die Kinder schlafen. Dann gibt es Feiertagszuschlag.

Ganz andere Sorgen haben Omid und Sajadi aus Zentrum Ost. Die Teenager sind beste Freunde und Fußballfans. Sie sitzen im Foyer am Rechner und schauen Fußball, während ihre Familien im Saal den Awo-Chören zuhören. Sie mögen lieber Rap, sagen sie. Aber das Essen hier ist erste Sahne, ihre Daumen gehen hoch. Ihre afghanischen Familien kamen vor Jahren aus dem Iran. Die Jungs, die in die Lennéschule gehen, sorgen sich wegen ihres ungeklärten Aufenthaltsstatus. Und dann wäre noch die Sache mit dem Fußball. „Wir sind beide echte Talente“, sagt Sajadi selbstbewusst. Aber ordentliche und modische Fußballtrikots und Schuhe sind teuer, mit der Ausrüstung ihrer Mannschaftskollegen bei Juventas Crew Alpha können sie nicht mithalten.

Ehrenamtliche Helfer sorgen für einen reibungslosen Ablauf

Im Saal finden derweil Reden statt, von Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) und Awo-Chefin Angela Basekow. Überraschungsgast ist Bobsportler Kevin Kuske. Dann wird das Büfett eröffnet. Dass alles so gut klappt, ist das Verdienst der vielen Mitarbeiter des Hotels, der vielen Helfer von Dehoga, Rotary Potsdam, DRK und Wasserwacht, die alle ehrenamtlich hier sind. Die neue Hotelchefin Bettina Schütt, die die Feier das erste Mal erlebt, ist gerührt. Sie hat, wie viele ihrer Kollegen, eine Nachtschicht hinter sich. Bis 4 Uhr früh war der Saal mit einer anderen Veranstaltung belegt, dann musste ruckzuck aufgeräumt und umgebaut werden. Davon spüren die fast 1000 Gäste nichts.

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