
© Manfred Thomas
Landeshauptstadt: Risse im Gemäuer
Ein denkmalgeschütztes Haus soll durch Bauarbeiten in der Friedrich-Ebert-Straße bedroht sein
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Nauener Vorstadt - Der Vorwurf wiegt schwer: Die Bauarbeiten in der Friedrich-Ebert-Straße sollen dafür gesorgt haben, dass ein denkmalgeschütztes Haus vom Einsturz bedroht ist. Die Erschütterungen durch Baumaschinen und den Straßenbahnverkehr hätten Risse im alten Gemäuer eines Hauses in der Nauener Vorstadt verursacht – das meint der Hauseigentümer Norbert Kuhröber.
Es geht um ein im Jahr 1823 nach Plänen des Schinkel-Schülers Karl Hampel erbautes Haus. Es ist das älteste in der Nauener Vorstadt und steht unter Denkmalschutz. Hampel war einer von Schinkels Meisterschülern und in Potsdam unter anderem für das Gerichtsgebäude in der Jägerallee, die Kasernen in der Berliner Straße oder das heutige Sparkassen-Gebäude am Luisenplatz verantwortlich. Fast 200 Jahre steht es schon an seinem Platz – doch nun sei es bedroht, so Kuhröber. „Es haben sich markante Risse gebildet“, sagt er.
Hauptverursacher für die Schäden sind aus seiner Sicht die Verkehrsbetriebe (ViP): In der Bauphase dürften die Trams auf dem Gleisabschnitt innerhalb der Baustelle nur 10 Kilometer pro Stunde fahren. Sonst gebe es zu große Erschütterungen, weil die Gleise durch die Baustelle verunreinigt sind. Doch die Trams seien häufig deutlich schneller unterwegs. Zusammen mit dem Baustellenverkehr fahren an Arbeitstagen bis zu 140 Fahrzeuge in einer Stunde an dem Haus vorbei, hat Kuhröber gezählt. Er fordert, dass die Verkehrsbetriebe dafür sorgen, dass die Trams das Tempolimit einhalten. Außerdem stehe nach Abschluss der Bauarbeiten die Frage nach Schadenersatz im Raum.
Seit März 2013 ist die Friedrich-Ebert-Straße zwischen Nauener Tor und Reiterweg eine der größten Straßenbaustellen Potsdams. Für gut sieben Millionen Euro werden dort neue Leitungen verlegt, eine barrierefreie Haltestelle am Rathaus gebaut und neue Gleise für die Straßenbahn verlegt – wie sich nun zeigt allerdings nur zum Teil. Seit Jahren war es dort immer wieder zu Wasserrohrbrüchen gekommen, die den Tram- und Autoverkehr oft gleich für mehrere Tage lahmlegten. Ende November soll der letzte Bauabschnitt fertig sein.
Mit seinem Problem hat sich Kuhröber am Mittwoch in der Bürgerfragestunde der Stadtverordnetenversammlung zu Wort gemeldet. Weitere Schäden seien möglich, weil die Schienen zwischen Reiterweg und Helene-Lange-Straße entgegen der ursprünglichen Planung für die Sanierung nicht ausgetauscht würden. Das bestätigte auch Potsdams Baubeigeordneter Matthias Klipp (Grüne): Die alten Schienen bleiben drin, weil die Stadt die erhofften Fördermittel nicht in voller Höhe bekommen habe. Das von Kuhröber beschriebene Ausmaß der Schäden an dem Haus sei jedoch übertrieben, so Klipp. Auch Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) kennt den Fall. Die Stadtwerke als Bauherr untersuchen, wodurch die Schäden entstanden sind, so Jakobs. Ein Gutachter sei eingeschaltet. Es sei viel unternommen worden, um Erschütterungen zu vermeiden.
Die Stadtwerke, zu deren Verbund sowohl der Verkehrsbetrieb als auch die für die Verlegung von Leitungen verantwortliche EWP gehören, weisen die Schuld zurück. Vor Baugebinn sei der Zustand des Gebäudes gutachterlich untersucht worden. Nach Kuhröbers Beschwerde sei in der vergangenen Woche erneut ein Gutachter vor Ort gewesen, teilten die Stadtwerke auf Anfrage mit. „Es ist keine Verschlechterung des Zustandes festgestellt worden“, so eine Sprecherin. Außerdem sei vor Baubeginn untersucht worden, welche Schwingungen den für das denkmalgeschützte Haus zulässigen Grenzwert überschreiten. Diese Schwingungsmessung sei in der vergangenen Woche wiederholt worden. Ergebnis: Die Grenzwerte für zulässige Schwingungen wurden nicht überschritten, teilten die Stadtwerke mit.
Das zweifelt Kuhröber an. Das Schwingungsgutachten sei erstellt worden als gerade nicht auf der Baustelle gearbeitet wurde. „Das Kind ist bereits in den Brunen gefallen“, sagt der Hauseigentümer. Nun mache er sich Sorgen, dass sich die Schäden verschlimmern. Ab der kommenden Woche wird in der Friedrich-Ebert-Straße mit der Arbeit an der westlichen Straßenseite begonnen – und damit noch näher an Kuhröbers Haus. Er hofft, dass die ausführende Baufirma Erschütterungen minimieren kann. Bisher habe er mit dem Bauleiter vor Ort ein gutes Einvernehmen. „Die bemühen sich sehr, aber sie müssen ja irgendwie arbeiten“, sagt Kuhröber.
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