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Tag der Wissenschaften 2016: Roboter und Schokoküsse

Beim vierten „Potsdamer Tag der Wissenschaften“ präsentierten sich 30 Einrichtungen mit 160 Programmpunkten

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Jitka schaut etwas ratlos. Die Achtjährige steht auf einer Sandfläche. Irgendwo unter ihren Füßen versteckt sich eine süße Überraschung. Wo genau, das soll ihr das Gerät in ihrer Hand verraten. Vorsichtig bewegt sie den Metalldetektor über den Boden und lauscht auf die Töne, die sie über Kopfhörer hören kann. Der Metalldetektor verharrt – Jitka wird im Sand fündig und buddelt einen in goldfarbene Alufolie eingewickelten Schokoladentaler aus dem Sand.

„Das Geräusch wurde höher“, erklärt das Mädchen seinen Fund. Warum das so ist, wird gleich dazu erklärt, denn schließlich geht es um die Wissenschaft an diesem Tag: Durch eine Spule im Inneren des Gerätes fließt ein Wechselstrom und baut ein magnetisches Feld auf. Wird dieses durch metallische Gegenstände abgelenkt, verändert sich das akustische Signal. Jitka lässt sich den Schokotaler schmecken – und macht sich auf zu weiteren Entdeckungen.

Denn Gelegenheit dazu gibt es am Samstag reichlich. Was machen Mikroorganismen in der Erdkruste? Wie funktioniert das pflanzliche Immunsystem? Wie misst man Gravitationswellen? Der vierte Potsdamer Tag der Wissenschaften lädt ein auf eine Entdeckungsreise in die Welt des Wissens. „Forschen. Entdecken. Mitmachen.“, lautet das Motto der Veranstaltung, die in diesem Jahr auf dem Gelände der Filmuniversität Babelsberg gastiert.

Neben den Gebäuden der Filmuni hat das Forschercamp seine weißen Zelte auf der Wiese aufgeschlagen. Die Besucher tauchen ein in eine bunte Welt der Wissenschaft, die sich in ihrer ganzen Vielfalt zeigt. Sie informieren sich über die Arbeit mit genetisch veränderten Pflanzen, beobachten Zellen unter dem Mikroskop, kosten am Insektenbuffet von möglichen Eiweißquellen der Zukunft, lösen Quizfragen zur Demographie Brandenburgs oder bauen sich ihren eigenen programmierbaren Roboter.

Am Stand des Deutschen Elektronen-Synchrotrons (DESY) blicken Lea (11) und Tabea (10) fasziniert auf den Vakuum-Zylinder, in dessen Inneren sich ein Schokokuss aufzublähen beginnt. Nur der Luftdruck hält die süße Pacht zusammen. Fehlt er, dehnt sich die Luft im Inneren des Schokokusses aus, lernen die Mädchen. Das Vakuum bringt jedoch nicht nur Schokoküsse zum Wachsen, sondern lässt auch glühende Drähte heller leuchten. Warum ist das so? „Der Draht hat die Wärme aus der Luft ausgesaugt“, probiert es Tabea mit einer Antwort.

Damit liegt sie nicht ganz falsch, es geht tatsächlich um Wärmeleitung und welche Rolle die Luft dabei spielt. Der Forscher vom DESY klärt auf: „In der Luft kann der Draht die Wärme abgeben und glüht deshalb nicht so stark wie im Vakuum.“ Luft kann sich erwärmen, ein Vakuum nicht. Wie dieser Umstand uns im Alltag nützt, hat der Forscher ebenfalls parat: In Thermoskannen existiert zwischen innerer und äußerer Wandung ebenfalls ein Vakuum, das dafür sorgt, dass der Kaffee heiß bleibt.

Zahlreiche Besucher und besonders viele Familien sind gekommen, um einen Blick hinter die Kulissen der Forschung zu werfen. Mehr als 30 wissenschaftliche Einrichtungen des Landes Brandenburg präsentieren in über 160 Programmpunkten aktuelle Forschungsergebnisse und geben Einblicke in ihre Arbeitsmethoden. Forschung ist nicht nur faszinierend, spannend und facettenreich, sondern auch hautnah dran an der Gesellschaft und sucht nach Antworten auf wichtige Zukunftsfragen – so eine der Botschaften des Camps.

Antwort auf die Frage, wie eigentlich Berge entstehen, liefern Wissenschaftler des Instituts für Erd- und Umweltwissenschaften der Uni Potsdam. Eine Wanne mit Kies und Miniatur-Bäumen symbolisiert die Landschaft, die gleich von einem besonderen Naturereignis erschüttert wird. Mit zwei Holzplatten zeigt Ellen Schnabel, was geschieht, wenn in der Erdkruste zwei tektonische Platten aufeinanderstoßen: Eine schiebt sich unter die andere. Die Folgen sind verheerende Erdbeben – und die Entstehung von Gebirgen. „Das dauert Millionen von Jahren“, verdeutlicht Ellen Schnabel. In der Kieswanne geschieht das alles in wenigen Sekunden, der Kies türmt sich zu einem Berg. „Irgendwann verschwindet das Gebirge wieder durch Wind und Regen. Aber das dauert dann wieder Millionen von Jahren.“

Ebenso vielfältig wie im Forschercamp zeigt sich die Wissenschaft auch im Foyer der Filmuni. Im „Coder Dojo“ des Hasso-Plattner-Instituts lernen Kinder die Grundlagen des Programmierens, die Stirling-Motoren-Modellbau-Werkstatt lädt zum Basteln ein. Schüler des Helmholtz-Gymnasiums präsentieren einen selbst konstruierten Lügendetektor.

Wer mutig ist, nimmt Platz auf dem großen Holzstuhl, wird mit zwei Elektroden an der Stirn ausgestattet und muss sich Fragen gefallen lassen. „Hast du gestern Mathematik geübt?“, möchte eine Mutter von ihrer Tochter wissen. „Ja“, lautet die Antwort. Kurz leuchten rote Lampen auf, dann steht alles wieder auf Grün. „Die Elektroden messen den Hautwiderstand“, erklärt Jonas Hermann aus der elften Klassenstufe. „Beim Schwitzen verringert sich der Hautwiderstand, das ist dann ein Zeichen für Aufregung“, sagt der Schüler. Die roten Lampen sind also ein Grund zum Nachhaken. „Hast du wirklich geübt?“, geht es weiter mit dem Lügentest. „Ich habe in der Schule geübt“, kommt lachend die Antwort. Diesmal bleibt alles Grün.

Heike Kampe

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