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Präsenz zeigen: Mit massiven Kontrollen wie hier in der Charlottenstraße hat die Polizei in Potsdam am Samstag den ganzen Tag über die Rocker-Szene überwacht. Mitglieder der Szene wurden minutenlang durchsucht.

© M. Thomas/ H. Kramer

Landeshauptstadt: Rocker unter Kontrolle

350 Polizisten bei Großeinsatz in Potsdam: Verbot von geplantem Motorradkorso überwacht / Strafanzeige wegen Nötigung

Stand:

Mit einem Großeinsatz hat die Polizei in Potsdam am Samstag die Rocker-Szene in Schach gehalten. Anlass war das von der Stadtverwaltung ausgesprochene Verbot eines Motorradkorsos des Rocker-Clubs „Hells Angels“. Nach Behördenangaben kontrollierten 350 Polizisten die Straßen der Stadt, Schwerpunkt waren das Gewerbegebiet Babelsberg und die Charlottenstraße in der Innenstadt. Am Himmel kreiste ein Polizeihubschrauber. „Das ist in Potsdam bisher einer der größten Einsätze im Zusammenhang mit Rockern“, sagte Polizeisprecher Rudi Sonntag.

Unter anderem überwachte die Polizei die Zufahrten in die Stadt von den Autobahnen. Zudem war bei der Ausfahrt Horstweg der Nutheschnellstraße eine Stelle eingerichtet, an der jedes Fahrzeug unter Beobachtung von Polizisten nur langsam vorbeifahren konnte. Am nahen Harley Davidson-Geschäft in der Rudolf-Moos-Straße hatte der Korso starten sollen. Dort seien jedoch lediglich fünf Biker kontrolliert worden, sagte Sonntag.

Angespannter war die Lage in der Innenstadt. Am „Hells Angels“-Klub „Route 81“ in der Charlottenstraße versammelten sich im Laufe des Tages bis zu 35 Rocker. Mehrere Chopper, die typischen Motorräder der Szene, standen demonstrativ vor dem Lokal. Bereits gegen 12 Uhr gab es heftige Diskussionen mit Polizisten über einen von den Rockern auf dem Gehweg vor der Bar aufgebauten Grill. „Ihr habt uns schon den ganzen Tag versaut, wir wollen doch hier nur grillen“, schimpfte ein Rocker. Es nütze nichts, der Grill musste in den Innenhof des Gebäudes gebracht werden. Später errichtete die Polizei auch in der Charlottenstraße eine Kontrollstelle. Einer der Rocker sagte den PNN – seinen Namen wollte er nicht nennen –, dass keiner aus der Gruppe kriminell sei. „Wir haben keine Vorstrafen.“ Da der Korso gestrichen wäre, wolle man sich nun hier treffen, „wie jeden Tag“.

Der zur Schau gestellten Friedfertigkeit der Szene widerspricht die Polizei. Es gäbe beispielsweise mehrere Ermittlungsverfahren, auch gegen Potsdamer Rocker, sagte Potsdams Polizeichef Ralf Marschall den PNN. Zudem bringen Ermittler Rocker mit organisierter Kriminalität in Verbindung, es geht um Schutzgeld und Drogenhandel. Der Korso, der erstmals stattfinden sollte, wäre für die „Hells Angels“ eine Machtdemonstration gewesen, so Marschall – gegenüber der Öffentlichkeit, aber auch gegenüber rivalisierenden Rocker-Clubs, mit denen es in der Vergangenheit wiederholt brutale Auseinandersetzungen gegeben hat. Den Großeinsatz der Polizei begründete Marschall auch damit, dass der Korso nach dem ausgesprochenen Verbot offiziell nicht von den „Hells Angels“ abgesagt worden sei. „Was wäre gewesen, wenn wir nicht Präsenz gezeigt hätten?“, sagte der Polizeichef. Er halte die Szene weiter für „gefährlich“. Tatsächlich stellte am frühen Nachmittag ein Fernsehteam, das am „Route 81“ drehen wollte, eine Strafanzeige wegen Nötigung, weil man bei den Dreharbeiten von den Rockern bedroht und behindert worden sei. Es blieb der einzige Zwischenfall des Tages.

Der Rockerclub hatte die Motorradtour für bis zu 70 Teilnehmer im geschlossenen Verband beantragt. Das Verbot dafür begründete Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) damit, dass die „Hells Angels“ sich außerhalb der Gesellschaftsordnung stellten und immer wieder mit dem Gesetz in Konflikt geraten würden: „Deswegen sind sie bei uns nicht willkommen“. Mit dem Korso fiel auch ein geplantes Fest der Rocker auf dem Parkdach des Babelsberg-Centers aus, auch die Genehmigung für diese Feier war entzogen worden.

Zuletzt hatte es innerhalb der Potsdamer „Hells Angels“ Bewegung gegeben. Laut Medienberichten soll sich der 36 Jahre alte Christopher R., einer der Hooligans, die während der Fußballweltmeisterschaft 1998 den Polizisten David Nivel fast zu Tode prügelten, inzwischen auf der spanischen Urlaubsinsel Mallorca aufhalten. Dort wurde vor knapp vier Monaten ein Klubhaus der Rocker in El Arenal eröffnet. R. soll dort als ein Führungsmitglied fungieren. Henri Kramer (mit ddp)

Henri Kramer (mit ddp)

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