Landeshauptstadt: Rock“n“Roll-Trinksportverein
Die Potsdamer Turbojugend feiert 5. Geburtstag
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Das Gespräch am Bartisch besitzt eine gewisse Situationskomik. „Eigentlich sind wir ein Rock''n''Roll-Trinksportverein.“ „Aber wir spielen auch Fußball.“ „Ja, aber wir trinken dabei.“ „Wenn wir saufen, spielen wir sogar besser.“ „Letztens waren wir sogar so gut wie nie zuvor dabei, haha.“ So ist es, wenn die Jungs der Potsdamer Turbojugend über sich und ihre Freizeit reden. Am Samstag feiern sie das fünfjährige Bestehen ihrer „Jugend“ unter dem Motto „Bis halb unter''n Tisch“ - mit einem Konzert und anschließender Party.
Turbojugenden wie in Potsdam gibt es weltweit rund 2400 Mal. Gemeinsam eint sie die Liebe zu einer Band: Turbonegro, krachiger norwegischer Punk-Rock mit derben Texten und einem Image zwischen aufgesetzter Homosexualität und Trunksucht sowie Mode mit weißen Matrosenkäppis und blauen Jeanswesten. Die erste Jugend gab es 1996 in Hamburgs Stadtteil St. Pauli, gegründet von Ärzte- Schlagzeuger Bela B. Die Idee wurde populär: Kurz nach der drogenbedingten Auflösung der Band zwischen 1998 und 2002 stieg die Zahl der Turbojugendclubs in der Welt sprunghaft an. Inzwischen gibt es in Hamburg jedes Jahr die Weltturbojugendtage.
Potsdam hat dabei einen der dienstältesten noch aktiven Clubs in Deutschland. „Es ist einfach das Straßenpunk-Feeling, das vor allem die alten Turbonegro-Alben so besonders gemacht hat“, sagt einer, der sich „Flyscher“ nennt. Jeder in der Turbojugend hat so ein Pseudonym wie er, möglichst kultig soll es sein – ähnlich wie der legendäre Ruf der Band, die bei Live-Auftritten den Begriff Arschrakete ganz praktisch umsetzte. Die Betonung liegt dabei auf der Vergangenheit: Denn inzwischen, so finden die Jungs von der Potsdamer Turbojugend, wird ein zu großer Hype um die Band gemacht, gibt es zu viele Fans, während die Band nicht mehr ganz so starke Alben veröffentlicht. „Die Ansagen und Texte – etwa zu I got Erection“ - waren damals schockierend und lustig zugleich, das war cool“, erzählt Dok, der „Präsident“ der Potsdamer Turbojugend.
13 Leute zählt sein Club, zwischen 20 und 30 Jahre alt. Um Konzerte wie jetzt am Samstag zu veranstalten, gründen sie zurzeit einen Verein, den Tumult e.V., „um die Flaute in Potsdams Partyszene zu bekämpfen“, sagt Flyscher. Denn es gehe nicht nur um Turbonegro, sondern vor allem um Spaß, gemeinsame Gelage und Rock“n“Roll – mit einem Verein sei das besser zu organisieren. Und demnächst fahren sie wieder alle zusammen zu einem Fantreffen. In Finnland waren sie schon, in London, Besuche kamen aus der Schweiz, aus Holland Flyscher sagt: „Turbojugend ist eigentlich Rock“n“Roll Tourismus.“ Henri Kramer
Samstag ab 21 Uhr im Club Charlotte (Ex-Al Globe) in der Charlottenstraße 31: 5. Geburtstag der Turbojugend Potsdam mit u.a. Jesus Porno and the Hot Legs
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