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Landeshauptstadt: Rohrkrepierer Bettensteuer?

Für das SPD-Modell schwinden die Mehrheiten – zweieinhalb Wochen vor der geplanten Abstimmung

Von Katharina Wiechers

Stand:

Kurz vor der Abstimmung droht die Steuer auf private Hotelübernachtungen zu scheitern. Wie eine PNN-Umfrage unter allen Fraktionen ergab, zeichnet sich stattdessen eine knappe Mehrheit für die ursprünglich geplante und von Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) favorisierte Tourismusabgabe ab. Vor allem der Schwenk der Linksfraktion bringt das von SPD-Fraktionschef Mike Schubert ins Spiel gebrachte Konstrukt ins Wanken. Auch die Grünen und die Fraktion Die Andere würden nach jetzigem Stand für eine Tourismusabgabe stimmen. Fraktionsdisziplin vorausgesetzt kämen in der Stadtverordnetenversammlung so 24 Stimmen zusammen, für die Bettensteuer nur höchstens 23.

Hintergrund ist eine Vereinbarung der Stadt mit der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten (SPSG). Potsdam hatte sich Ende Juni vertraglich verpflichtet, über die Dauer von fünf Jahren jeweils eine Million Euro an die SPSG zu zahlen. Im Gegenzug hatte sich die Schlösserstiftung bereit erklärt, auf die Erhebung eines Pflichteintritts für den Park Sanssouci zu verzichten. Die Einigung war erst im Juni von den Stadtverordneten gebilligt worden, kurz bevor eine vom Stiftungsrat gesetzte Frist abgelaufen wäre.

Das Geld soll in die Pflege von Park Sanssouci fließen. Eigentlich sollte die geforderte Summe durch die Einführung einer Tourismusabgabe abgedeckt werden, die nach einem bestimmten Schlüssel von jedem in Potsdam ansässigen Unternehmen gezahlt werden sollte. Die rot-rote Mehrheit galt als sicher, doch kurz vor der Abstimmung schlug die SPD stattdessen die Bettensteuer vor, die Übernachtungsgäste mit der Rechnung zahlen müssen.

Am Donnerstag hatte die Stadtverwaltung eine Anhörung organisiert, bei der auch Experten aus anderen Städten zu Wort kamen. So hatte etwa der Leiter des Kassen- und Steueramtes Köln, Josef Rainer Frantzen, von den rechtlichen Problemen, die seine Stadt nach der Einführung der Bettensteuer bekam, berichtet.

Tags drauf stand für den Vorsitzenden der Linksfraktion, Hans-Jürgen Scharfenberg, fest: „Die Bettensteuer ist ein Rohrkrepierer.“ Es sei deutlich geworden, dass die Tourismusabgabe der bessere und tragfähigere Weg sei. Scharfenberg hatte sich von Anfang an für eine solche Abgabe ausgesprochen, hatte aber zwischenzeitlich eine Zustimmung auch zur Bettensteuer nicht ausgeschlossen.

Auch Grünen-Fraktionsmitglied Peter Schüler sagte, die Fraktion tendiere eher zur Tourismusabgabe. Diese sei gerechter, weil damit alle Unternehmen, die Vorteile vom Tourismus haben, beteiligt würden. Ähnlich äußerte sich der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Fraktion Die Andere, Nicolas Bauer. Oft seien es Tagestouristen, die in den Park Sanssouci kämen, sagte er. Eine Bettensteuer würde nicht alle mit einbeziehen, die davon profitieren. Er halte die Tourismusabgabe daher für zustimmungswürdig.

Weiterhin für die Bettensteuer ist hingegen die SPD-Fraktion – trotz der ablehnenden Haltung des Parteifreundes an der Rathausspitze. „Die Bettensteuer ist nicht einfach, aber machbar. Sie wird in 16 deutschen Städten als gangbarer Weg angesehen und angewandt. Die Tourismusabgabe hingegen in keiner einzigen Stadt“, teilte die Fraktion am Freitag mit. Und auch Peter Schultheiß von den Potsdamer Demokraten sagte: „Bei allen rechtlichen Problemen würden wir für die Bettensteuer stimmen. Diese zahlen die Touristen, während die Tourismusabgabe auf alle Preise umgelegt würde und so alle Potsdamer belasten würde. Wir sind dagegen, dass die Kaufkraft der Potsdamer eingeschränkt wird.“

Noch ein wenig unentschlossen ist offenbar die CDU. Nur eines sei klar, sagte Fraktionschef Horst Heinzel: „Die Tourismusabgabe wollen wir auf keinen Fall, dann noch eher die Bettensteuer.“ Vom Bürgerbündnis kamen unterschiedliche Signale. Während die Fraktionsvorsitzende Ute Bankwitz keines der beiden Modelle für zustimmungswürdig befand, teilte ihr Kollege Wolfhard Kirsch mit: „Eine Tourismusabgabe wird dann wohl eine breite Zustimmung finden, wenn sie wirklich für die Förderung des Tourismus eingesetzt wird.“ Die FDP wird sich wohl enthalten. „Ich halte beides für keine gute Idee. Die, die sich den Park ansehen wollen, sollen bezahlen“, sagte Fraktionschef Johannes von der Osten -Sacken. Die Meinungsbildung in der Fraktion sei aber noch nicht abgeschlossen.

Die Mehrheiten sind also – wie schon vor der zuletzt geplanten Abstimmung – äußerst knapp. In einem sind sich jedoch die meisten einig: Sie plädieren dafür, die Entscheidung noch nicht bei der Stadtverordnetensitzung am 4. September zu treffen. Möglich wäre eine Verschiebung auf die Novembertagung oder gar eine Sondersitzung.

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