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Im Kampf gegen Internetzensur: Schülerin Dorothee Peters aus Falkensee.

© A. Klaer

Landeshauptstadt: Rollenspiele im Landtag

Safer Internet Day: 80 Schüler debattierten über das Web und seine Grenzen

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Als Dorothee Peters an das Mikrofon des brandenburgischen Landtages tritt, liegen vier Stunden Politikalltag hinter ihr. Sie hat sich mit ihren Fraktionskollegen gestritten, Argumente gesammelt und sie auf einen Zettel geschrieben. Hat Experten ausgefragt und Überzeugungsarbeit beim politischen Gegner geleistet. Jetzt streicht sie den kleinen Zettel glatt, der vor ihr auf dem in die Jahre gekommenen Holzpult mit DDR-Charme liegt. Sie blickt entschlossen nach vorn. Ihre Rede vor dem Plenum ist die letzte Chance, ihre Mitschüler zu überzeugen, die Freiheit des Internets zu verteidigen.

Politiker für einen Tag: 80 Gymnasiasten des Evangelischen Gymnasiums Herrmannswerder, dem Marie-Curie-Gymnasium in Dallgow Döberitz und dem Lise-Meitner-Gymnasium in Falkensee haben jüngst die Arbeit im brandenburgischen Landtag übernommen. Anlässlich des von der Europäischen Kommission ausgerufenen „Safer Internet Day“ hatten der Landtag, die Medienanstalt Berlin Brandenburg und die Aktion Kinder und Jugendschutz zum politischen Rollenspiel nach Potsdam geladen.

Jugendschutz von Jugendlichen, für Jugendliche – so konnte man das Thema des Tages zusammenfassen. Aufgabe der Zehntklässler war es, den Jugendmedienschutzstaatsvertrag zu debattieren. In der wirklichen Politik ist der Vertrag vor über einem Jahr gescheitert. Sein Ziel war es, eine verbindliche Alterskennzeichnung für Webseiten einzuführen. Das sollte Filterprogrammen im Internet die Arbeit erleichtern und Kinder und Jugendliche vor gewaltverherrlichenden oder sexistischen Inhalten schützen. Kritiker befürchten hingegen eine Zensur des Internets, auch ungefährliche Webseiten hätten gesperrt werden können.

Vorn am Rednerpult fielen Dorothee Peters noch weitere Gegenargumente ein: „Das Internet ist weltweit“, erklärte die 16-Jährige aus Falkensee. Was nütze da die Sperrung ausschließlich deutscher Seiten? „Virtuelle Schranken sind leicht zu umgehen.“ Wichtiger sei es, Kinder und Eltern fit fürs Internet zu machen, „Medienkompetenz zu stärken“.

Der richtige Umgang mit Einträgen und Fotos in sozialen Netzwerken wie Facebook oder Videos auf Youtube muss gelernt werden, das sagt auch Susanne Schmitt von der Aktion Kinder und Jugendschutz Brandenburg. Schmitt und ihre Mitarbeiter bieten entsprechende Fortbildungen für Lehrer und Infoabende für Eltern an. Es gibt viele Fragen: Wo fange ich an, wie viel dürfen die Kinder? Lässt man sie am Austausch teilhaben oder schließt man sie aus? Schmitt selbst hat ihrer zwölfjährigen Tochter die Anmeldung bei Schüler.cc erlaubt. „Ich bin auch dort und mit ihr befreundet.“ So könne sie ein Auge auf das haben, was ihre Tochter mache. Gesurft wird außerdem noch zwei Jahre lang auf dem Gemeinschafts-Computer.

Nico Rabe aus Dallgow hat einen eigenen PC. Sein Stiefvater habe aber den Internetzugang beschränkt „Schlagwörter wie Sex oder Porno sind geblockt.“ Den Drang, die Sperre zu umgehen, verspüre er nicht. „Ich sehe mir so etwas nicht an.“ Die Rede von Dorothee Peters hat Nico nicht überzeugt. Die Alterskennzeichnung findet er gut, auch über die Hälfte der Schüler stimmte dem Gesetz zu. Aber es war knapp, findet Dorothee – und am Ende nur ein Spiel. Tobias Reichelt

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