Landeshauptstadt: Rollstuhl-Routen statt Parkhaushinweis
Landesvermessung spendierte Oberlinschülern großen behindertengerechten Potsdamer Stadtplan
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Landesvermessung spendierte Oberlinschülern großen behindertengerechten Potsdamer Stadtplan „Ooobeerliin Schschüüülerwoohnstätte.“ Hans liest langsam die Worte ab, die auf einer gelben Fahne stehen und oberhalb der Rudolf-Breitscheid-Straße 138-144 ein kleines Stück Babelsberg auf der Karte verdecken. Das ist während der Schulzeit sein Zuhause. Hans ist einer von sieben körperbehinderten Schülerinnen und Schülern einer Wohngruppe in der Oberlin-Einrichtung, die gestern einen großen Stadtplan geschenkt bekam. Die Wandkarte ist doppelt so groß wie gängige Pläne und deshalb sehr gut lesbar. Spendiert wurde die behindertengerechte Karte von der oberen Landesvermessung und Geobasisinformation, an die sich Hilfe suchend Erzieherin Kerstin Frünke gewandt hatte. „Erst wollte ich einen normalen Stadtplan im Copyshop vergrößern.“ Das wäre dann doch nur ein untaugliches Puzzle geworden, fürchtete sie und durchforstete stattdessen das Telefonbuch nach Fachleuten, die vielleicht eine Lösung für ihr Problem haben könnten. „Wir nahmen die Herausforderung an“, erklärte Thomas Gernhardt, Leiter des Dezernates 32 bei der Landesvermessung. Gleichzeitig sei ein solches Produkt schließlich auch Werbeträger für die Arbeit der Oberen Landesbehörde, sie sich jetzt als eigenständiger Betrieb einen Namen machen soll. Insgesamt beziffert Gernhardt die Materialkosten für den zwei Meter mal 1,38 Meter großen mit Laminat beschichteten und mit Aufhängungsschienen versehenen Potsdamer Stadtplan mit rund 300 Euro – die Arbeitszeit von Projektentwickler Konrad Schulz nicht mitgerechnet. Aber nicht nur die Größe des Plans macht ihn passgenau für den Nutzerkreis. Man habe auch die ausschließlich für Autofahrer relevanten Informationen wie Hinweise auf Parkplätze oder Parkhäuser weggelassen und die ansonsten farblich markierten Hauptstraßen durch Potsdam gebleicht und somit nicht herausgestellt, erklärt Konrad Schulz. Statt dessen sei die Streckenführung der Buslinien hervorgehoben worden. Auch die von den Betreuern benannten wichtigsten Treffpunkte der Schülerinnen und Schüler sind mit Zahlkreisen markiert. Dazu gehören zum Beispiel die Stadttore, aber auch die Fontäne vor dem Schloss Sanssouci und der Ruinenberg. Zum Wiedererkennen hat der Diplomingenieur für Kartographie Fotos der Treffs am Rande abgebildet. Hans kann Punkte und Bilder kinderleicht zuordnen und trägt auch gleich die Namen der Orte vor. Mit bunten Filzstiften können die zehn- bis 15-jährigen Kartennutzer den Plan mit der Markierung ihrer Lieblingsplätze ergänzen. Ein Kreuz bekäme sicherlich das Stern-Center. „Da fahren unsere Schüler gerne hin“, so Erzieherin Frünke. Der Stadtplan sei ein wichtiges Lehrmittel für das Rollstuhltraining, sagt Christiane Demmig, Leiterin der Schülerwohnstätte. Nach der Vermittlung von Verkehrszeichen und den „Fahrstunden“ im elektrischen Rollstuhl, der sich fast wie ein kleines Auto lenke, müssten die Schüler sich – zunächst in Begleitung – und später alleine in der Stadt orientieren. Bevor sie starteten, könnten sie sich jetzt den Weg und die Busverbindungen einprägen oder auch abschrieben. MItnehmen geht nicht, denn die auch eher unhandlich kartographische Hilfe gibt es nur in einfacher Auflage. „Diese Gruppe ist aber topfit“, traut die Leiterin der Wohnstätte den sieben Schützlingen allerhand zu. Und schließlich sei das Training eine wichtige Schulung der Selbstständigkeit, so Demmig. N. Klusemann
N. Klusemann
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