Von Henri Kramer: Rote Enttäuschung
Der Fall Pete Heuer: Kreisparteitag bei Potsdamer Linke geplant / Lafontaine im Hauptbahnhof
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Die Linke wird ihre innerparteilichen Konflikte bei einem Kreisparteitag nach den Wahlen austragen. Wie Potsdams Kreisvorsitzender Günther Waschkuhn am Montag auf PNN-Anfrage bestätigte, werde es „zum Jahresende“ einen Kreisparteitag der Partei geben. „Dort werden wir eine Bilanz für die Linke in der Stadtpolitik ziehen“, sagte Waschkuhn.
Nach dem vergangenen Wochenende bietet sich bei dem Parteitreffen viel Diskussionsstoff. Wie berichtet, hatte der frühere Kreisvorsitzende Heuer die Stadtfraktion der Linken verlassen und wird fortan als fraktionsloser Parlamentarier in der Stadtverordnetenversammlung sitzen. Die meisten seiner Kollegen und Parteifreunde erfuhren von dem überraschenden Schritt beim Frühstück aus der Zeitung. Heuer hatte seine Entscheidung mit dem Führungsstil und der für ihn verfehlten Strategie von Potsdams Linke-Chef Hans-Jürgen Scharfenberg erklärt. Unter dem Landtagskandidaten habe sich die Linke in der Stadt isoliert, so Heuers Kritik. An Scharfenberg und seinem harten Oppositionskurs sei eine mögliche Zusammenarbeit mit der SPD gescheitert. Seitdem könne die Linke für ihre Ideen keine Mehrheiten gewinnen, so der Vorwurf.
Waschkuhn dagegen nannte die Idee einer rot-roten Zusammenarbeit zwar als Meinung „in Ordnung“, jedoch sei Heuer mit dieser Auffassung ein „Einzelgänger“ in der Partei. Allerdings hätte dieser eine Rot-Rot-Diskussion „vorantreiben“ können – doch habe sich Heuer wegen der Art seines Abgangs, mitten im Wahlkampf, nun aus dieser Diskussion verabschiedet. „Dieser Austritt war mindestens schlechter Stil“, so Waschkuhn. selbst als Parteifreunde geltende Kollegen von Heuer waren – obwohl inhaltlich in vielfach auf einer Linie – von dem Abtritt unangenehm berührt. „Ich halte das für falsch, obwohl Pete viel hat einstecken müssen und er wohl an seine Belastungsgrenze gekommen“, sagte einer seiner Freunde. Jedoch gäbe es innerhalb der Partei auch „einzelne Basisvorsitzende“, die „großes Verständnis“ für Heuers Schritt hätten.
Derweil hat sich die verlassene Stadtfraktion gestern in Normalität versucht. Bei einer Fraktionssitzung kurz vor dem von rund 250 Gästen besuchten Wahlkampfauftritt von Linken-Zugpferd Oskar Lafontaine in den Bahnhofspassagen wurden zwei Nachfolger für Heuer gewählt, der je einen Sitz im Finanz- und im Ordnungsausschuss der Stadt hatte. Wegen des nahenden Besuchs von „Oskar“ blieb eine Diskussion über das Geschehen vom Wochenende jedoch aus. Einzig die langjährige Stadtverordnete Hella Drohla mokierte sich über Heuer: Sie fände dessen Verhalten „unmöglich“, sie könne dies nicht begreifen.
Unklar blieb gestern allerdings, ob Enttäuschung das Einzige ist, was Heuer nun droht. Zu einem disziplinarischen Verfahren bis hin zum möglichen Parteiausschluss sagte Waschkuhn, dies müssten Mitglieder beantragen: „Ich werde so einen Antrag aber nicht stellen.“ Dazu arbeitet Heuer als Referent für Landwirtschaft bei der Landtagsfraktion der Linken. Sein Vertrag läuft im Dezember aus. Allerdings besitzt Heuer auch noch eine andere Arbeit im Umweltministerium des Landes, von der er seit seiner Arbeit bei der Landtagsfraktion beurlaubt. Womöglich aber nicht mehr lange: Wie es gestern aus dem Kreisvorstand hieß, werde Heuers Vertrag kaum verlängert – auch wenn damit eine Fachkraft verloren gehe.
Derweil hat die SPD den Abgang von Heuer weidlich ausgekostet. Brandenburgs Generalsekretär Klaus Ness sagte, der Vorgang zeige, dass die Linke unsortiert sei: Eine Hälfte der Partei wolle gestalten, die andere dagegen sei nicht zu Kompromissen fähig. Damit werde auf „erreichbare konkrete Lebensverbesserungen verzichtet, die ihre Wähler erwarten.“ Und darüber würde wohl auch noch weiter „heftig“ gestritten, prophezeite Ness: „Noch viele werden in dieser Auseinandersetzung die Partei verlassen.“
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