
© A. Klaer;
Von Günter Schenke: Rückenwind fürs „Minsk“
Viel Zustimmung bei der Stadtforum-Diskussion zur DDR-Architektur für einen Erhalt des Terrassenrestaurants, der Schwimmhalle und des „Mercure“
Stand:
Für Erhalt und Weiterentwicklung von DDR-Bauten wie dem früheren Restaurant „Minsk“, der Schwimmhalle am Brauhausberg und dem Hotel Mercure haben Experten auf dem Stadtforum am Mittwochabend im Treffpunkt Freizeit plädiert. „Stellenwert der DDR-Architektur in Potsdam“ lautete das Thema.
„Das Terrassenrestaurant ,Minsk’ hat architektonische Qualität“, sagt Michael Braum. Der Präsident der Bundesstiftung Baukultur mit Sitz in Potsdam überschrieb seinen Vortrag: „DDR-Architektur weiterbauen“. Abstrus wirkten seine Worte auf manche der Anwesenden im voll besetzten Theatersaal des Treffpunkts. Historisch handeln heißt laut Braum, etwas Neues hervorzubringen und die Historie fortsetzen. Als „Flucht in die Vergangenheit“ bezeichnete er die Pläne, am Standort des abgerissenen „Haus des Reisens“ die „Alte Post“ wiederaufzubauen. „Es ist doch arm, wenn wir uns ausschließlich der Historie bedienen“, provozierte er und erntete laute Zwischenrufe. Das „Mercure“, früher Interhotel, habe Qualität, ebenso die Bibliothek am Kanal. Letztere habe den Platz der Einheit „hervorragend gerahmt“. Leider sei im jetzigen Entwurf von der früheren Fassade nichts mehr zu erkennen. Von Markus Wilhelmy vom Verein „300 Jahre Preußen“ musste sich der Baukultur-Professor den Vorwurf gefallen lassen: „Wenn Sie bei der Qualität eines Mercure angekommen sind, frage ich mich, welche Qualität Sie überhaupt vertreten.“
Baudezernent Matthias Klipp (Bündnisgrüne) sprach von einer „ordentlichen Art und Weise“ beim Bibliotheksumbau. Das „Mercure“ müsse ebenso weichen wie das Rechenzentrum, um Platz für die Wiederherstellung des Lustgartens, der Garnisonkirche sowie des Langen Stalls zu schaffen. Die Schwimmhalle am Brauhausberg sei als Zeugnis der DDR-Architektur nicht zu retten. „Die baulichen Defizite sind nicht zu beheben“, also Abriss – wie auch des verfallenen „Minsk“. „Eine städtische Verdichtung nach dem Scheitern des Niemeyer-Bades ist richtig“, unterstützte Grünen-Stadtverordnete Saskia Hüneke den Beigeordneten. Ob es wirtschaftlich realisierbar sei, das „Minsk“ und die Schwimmhalle einzubeziehen, zog sie in Zweifel.
Die neuen Pläne für den Brauhausberg liegen seit Ende 2010 auf dem Tisch: 3500 Wohnungen für rund 10 000 Menschen sollen entstehen. Die Stadtwerke hatten die 42 000 Quadratmeter große Fläche bereits zum Verkauf angeboten. Der Oberbürgermeister stoppte das Verfahren. Er will im Mai eine Bürgerversammlung einberufen. Klipp, der den Übersichtsplan der dichten Wohnbebauung kurz zeigte, sprach gar von „Bürgerbeteiligung“. Baurecht gibt es noch nicht.
Im Stadtforum-Podium saß auch Thomas Hintze von der Bürgerinitiative „Pro Brauhausberg“. Er musste sich gegen die Mammut-Baupläne gar nicht groß ins Zeug legen. Das taten andere. Architekt Christian Wendland beklagte, dass es zum „Minsk“, nach seiner Meinung eines der besten Architekturzeugnisse der DDR, keinerlei Untersuchung gegeben habe. Der Potsdamer Architekt Philipp Jamme hält das in den Jahren 1971 bis 1977 entstandene Gebäude gar für ein „Gesamtkunstwerk“, bei dem von den Lampen bis zu den Glasmosaiken alles miteinander harmonierte. Der Berliner Kunsthistoriker Ulrich Hartung ließ das „Minsk“ ebenfalls hochleben. Hintze kann sich als Nutzung im unteren Bereich eine Boxarena nebst Sauna und oben ein Terrassenrestaurant vorstellen.
Günter Schenke
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