zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Rückhalt für Klemund schwindet

Der Luftschiffhafen-Manager muss wegen Korruptionsverwürfen mit seiner Abberufung rechnen

Stand:

Der Druck auf den Luftschiffhafen-Manager Andreas Klemund wächst: Nach PNN-Recherchen hat eine Mehrheit in der Potsdamer Stadtverordnetenversammlung das Vertrauen in den SPD-Mann verloren, der wegen umstrittener Geschäfte in der Kritik steht und gegen den die für Korruptionsdelikte zuständige Staatsanwaltschaft Neuruppin wegen des Verdachts der Vorteilsnahme ermittelt. Inzwischen halten – neben einem Großteil der Opposition – auch Teile der SPD-geführten Rathauskooperation Klemund auf dem städtischen Managerposten für nicht mehr tragbar.

So sagte Grünen-Fraktionschef Peter Schüler den PNN, die für Klemunds Luftschiffhafen (LSH) GmbH zuständige Mutterfirma, die kommunale Bauholding Pro Potsdam, besitze aus seiner Sicht gute Gründe für eine Aufhebung des Geschäftsführervertrags mit Klemund. „Und dem würde unsere Fraktion nicht widersprechen.“ Von einem Geschäftsführer eines auch nur mittelbar städtischen Unternehmens müsse man erwarten dürfen, dass er nicht nur die Strafgesetze, sondern auch die Leitlinien guter Unternehmensführung achtet, so Schüler. Peter Schultheiß von der Fraktion Potsdamer Demokraten/Freie Wähler sagte, als Chef des Sportareals Luftschiffhafen und des Potsdamer Olympiastützpunkts habe Klemund eine Vorbildfunktion für junge Sportler. Seine Fraktion rate Klemund dringend, beide Ämter bis zum Abschluss der Ermittlungen ruhen zu lassen. CDU-Fraktionschef Matthias Finken sagte, die von Klemund offenbar praktizierte Vermischung von dienstlichen und privaten Interessen dürfe es nicht geben: „Es wird bei uns viel Überzeugungsarbeit bedürfen, dass es mit ihm so weitergeht wie bisher.“ Zurückhaltender äußerte sich SPD-Fraktionschef Mike Schubert zu seinem Parteifreund: „Die derzeitige Situation ist für das Vertrauensverhältnis zwischen Verwaltung, Stadtverordneten und LSH-Geschäftsführung eine enorme Belastung.“ Es sei ein schnelles Ermittlungsergebnis der Staatsanwaltschaft nötig, um über den Fall zu entscheiden.

Im Kern geht es wie berichtet nach den PNN vorliegenden Dokumenten darum, dass Klemund als Geschäftsführer seiner Beratungsfirma „K-Solutions“ im Jahr 2009 von einem Bauträger ein Honorar über insgesamt 24 500 Euro forderte und bekam. Und zwar für die Vermittlung eines Kredits der Mittelbrandenburgischen Sparkasse (MBS), in deren Verwaltungsrat er sitzt. Der Fall liegt bei der Staatsanwaltschaft, auch der MBS-Verwaltungsrat prüft, ob das Geschäft gegen geltende Regeln verstößt. Zudem soll Klemunds Firma dem besagten Bauträger ebenfalls gegen Provison eine Fläche des Entwicklungsträgers (ETBF) – einer Tochtergesellschaft der Pro Potsdam – vermittelt haben. Dazu wird allerdings nicht ermittelt. Ein Gutachten der Pro Potsdam hatte zuletzt nach PNN-Informationen Klemund insofern entlastet, als dass ihm kein strafrechtlich relevantes Verhalten in dieser Sache anzulasten sei. Allerdings hatte Klemund das Geschäft dem ETBF nicht offiziell angezeigt – das sei ein Verstoß gegen Transparenzregeln, die es damals jedoch in Potsdam so nicht gab, wird der Gutachter zitiert. Aus SPD-Kreisen hieß es, das Engagement Klemunds für den Bauträger und allgemein als Immobilienberater sei damals in der Politik und im Rathaus allgemein bekannt gewesen.

Auch die Anti-Korruptionsorganisation Transparency International, deren Mitglied Potsdam ist, zeigt sich angesichts der Vorfälle alarmiert. Vorstandsmitglied Gisela Rüß sprach gegenüber den PNN von „korruptiven Strukturen“, die Klemund mit seinen zahlreichen Funktionen geschaffen habe. Das Vorgehen des ehemaligen SPD-Stadtverordneten – etwa das Vermitteln eines Kredits bei gleichzeitiger Tätigkeit im Kontrollgremium der Sparkasse – sei äußerst problematisch: „Mich wundert, dass er da nicht selbst drauf kam.“ Allerdings hätten damals eben bestimmte Richtlinien für Transparenz und Geschäftsführung in Potsdam noch nicht gegolten, sagte Rüß: „Es fehlte an Kontrolle.“ Positiv sei, dass Klemund offensichtlich bei der Aufklärung helfe.

Klemunds Anwältin Heide Sandkuhl hatte zuletzt erklärt, ihr Mandant bestreite die Vorwürfe, habe aber zugleich der Staatsanwaltschaft Unterlagen zur Verfügung gestellt und begrüße die Ermittlungen einer unabhängigen objektiven Behörde. Sein Amt als Sparkassen-Verwaltungsrat lässt Klemund vorerst ruhen, „K-Solutions“ will er auflösen. Klemund selbst gibt sich bei öffentlichen Auftritten derzeit gewohnt selbstbewusst, aber auch wortkarg. Am Rande eines Pressetermins sagte er am Donnerstag: „Ich werde mich erst äußern, wenn das alles vorbei ist.“

In der Opposition wollen vor allem Linke und Die Andere, dass die 2009 begonnene Tätigkeit Klemunds als Luftschiffhafen-Chef bald beendet wird. Linke-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg sagte, die aufgedeckten Interessenkollisionen müssten zu personellen Konsequenzen führen, die Doppelfunktionen von Klemund müssten entflochten werden. Die-Andere-Geschäftsführer Lutz Boede sagte, angesichts des fehlenden Gespürs von Klemund für Interessenkonflikte fehle diesem die Eignung für einen Posten in einem städtischen Unternehmen: „Wie will er mit diesen Vorwürfen diese Arbeit angesehen weiterführen?“ Der AfD-Fraktionsvorsitzende Lothar Wellmann sagte vorsichtiger, nur wenn sich die Vorwürfe bestätigten, sei Klemund nicht mehr tragbar. Bürgerbündnis/FDP-Fraktionschef Wolfhard Kirsch verwies dagegen auf die gute Arbeit von Klemund am Sportareal Luftschiffhafen, das dieser weiterentwickeln soll: „Eine Vorverurteilung lehnen wir ab.“

Ähnlich halten es Stadtverwaltung und die Pro Potsdam. Man werde sich ohne gesicherte Erkenntnisse aus den Untersuchungen nicht weiter äußern. Stadtsprecher Stefan Schulz sagte zudem, für den Posten des Geschäftsführers der LSH sei die Pro Potsdam als Gesellschafter zuständig. Damit stellt sich die Frage, ob man Klemund einfach kündigen könnte. Im Rathaus werden Erinnerungen an den Sommer 2011 wach, als dem damaligen Stadtwerke-Chef Peter Paffhausen gekündigt wurde, nachdem die Staatsanwaltschaft gegen ihn wegen des Verdachts der Untreue ermittelte. Das Verfahren wurde gegen eine Geldzahlung eingestellt – und Paffhausen erstritt vor Gericht noch eine Abfindung von knapp einer Million Euro. Dies soll im Fall Klemund vermieden und daher zunächst abgewartet werden, lautet nach PNN-Informationen das Kalkül der Rathausspitze.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })