zum Hauptinhalt
Meeresgott eingeflogen. Die aufwendig restaurierte Triton-Skulptur gelangte am Dienstag mittels eines Autodrehkrans an seinen angestammten Platz im Lustgarten.

© Manfred Thomas

POTSDAMER WELTKULTURERBE: Rückkehr des Triton und des Sophokles

Historisch-mythologische Figuren sind wieder am angestammten Ort: Poseidons Sohn wurde durch den Rotary-Club und die Stiftung Preußisches Kulturerbe saniert. Die Balustrade am Sizilianischen Garten ist ebenfalls fertig restauriert.

Stand:

Innenstadt/Sanssouci – Gleich zwei historische Skulpturen wurden am Dienstag in Potsdam wieder aufgestellt. Im Sizilianischen Garten im Park Sanssouci gelangte die Figur des griechischen Dichters Sophokles sowie eines römischen Feldherrn in saniertem Zustand auf ihren ursprünglichen Platz zurück. Im Lustgarten „flog“ am Abend die Figur des „Triton“ auf seinen angestammten Platz ein.

Ein mächtiger Autodrehkran hob die 5,3 Tonnen schwere Sandsteinfigur des Triton in das Neptunbecken am Lustgarten. Für den Kranführer und die Restauratoren war das eine knifflige Millimeterarbeit. Triton ist laut Mythologie der Sohn Poseidons oder Neptuns und der Amphitrite. Nach ihm heißen alle antiken Fabelwesen mit menschlichem Oberkörper und Fischschwanz Tritonen.

Der Potsdamer Rotary-Club müht sich seit über zehn Jahren um die komplette Wiederherstellung der Neptungruppe, zu der vier Tritonen gehören. Laut Rudolph von Ketterer, Projektverantwortlicher im Rotary-Club, kostet das insgesamt 1,6 Millionen Euro.

Als Anschub stellte die Stiftung Preußisches Kulturerbe mit ihrem Spiritus Rector Max Klaar aus Iserlohn 60 000 Euro bereit. Davon hat der Berliner Restaurator Andreas Hoferick eine 2,30 Meter hohe fischschwänzige Männerfigur hergestellt. Gestern wurde sie unter Anteilnahme zahlreicher Schaulustiger und Gäste im Lustgarten auf das unter Wasser befindliche Postament gestellt.

Das Neptunbecken mit dem Stadtschloss war eines der bekanntesten Potsdamer Ansichtskarten-Motive der Vorkriegszeit. Beim britischen Bombenangriff am 14. April 1945 und vor allem in den folgenden Jahren wurde dieses Bild vollständig zerstört. Von den Figuren konnten jedoch zahlreiche Trümmer geborgen werden. Das Becken verschwand in der DDR-Zeit für einen Parkplatz. Zur Bundesgartenschau 2001 entstand ein neues kleineres Neptunbecken.

Die Figur aus Hofericks Werkstatt in Berlin-Weißensee zeigt einen breitkreuzigen Oberkörper, unten floral gewandet und in einen gespaltenen Delfin- oder Fischschwanz übergehend. Auffällig ist der fast schwarze bärtige Kopf – ein Original-Fragment. Die kräftigen Arme des Meergottes führen eine Art Trompete an den Mund. Der Sage nach handelt es sich um eine Schneckenschale. Diese hatte die magische Kraft, das Meer aufzuwühlen oder zu beruhigen. Originalteile der Neptungruppe wie der Triton-Kopf waren unter anderem in Kleinmachnow aufgetaucht und in die Werkstatt Hofericks gebracht worden.

Als „künstlerisch herausragend“ bezeichnet der Vorsitzende der Stiftung Preußisches Kulturerbe, Max Klaar, die Arbeit von Andreas Hoferick. Gestern kündigte Klaar an: „Die Stiftung Preußisches Kulturerbe übernimmt anschließend mit noch einmal 60 000 Euro die Finanzierung auch des zweiten fehlenden Tritons.“ Und weiter: „Vielleicht gibt es gut betuchte Leute, die das Geschaffene hier sehen und denen auffällt: Da fehlt doch noch was“.

Die erste Neptungruppe schuf Johann August Nahl im Jahre 1746. Sie bestand aus vergoldetem Blei, das aber nicht lange hielt. Als „Neptuns Triumph“ ist das einst größte Sandstein-Bildwerk Potsdams benannt. Neben Neptun sitzt Gattin Amphitrite im Pferdewagen, flankiert von den Tritonen.

Indes musste die Maulbeerallee Dienstag Vormittag für Sophokles und einen antiken Feldherren halbseitig gesperrt werden. Ein Autokran hievte die jeweils 1,2 Tonnen schweren Figuren aus Carrara-Marmor an ihren angestammten Platz auf der Balustrade oberhalb des Sizilianischen Gartens.

„Ein schöner Anlass“, sagt Kathrin Lange zu den zahlreichen Presseleuten und Schaulustigen. Die Leiterin der Skulpturenrestaurierung der Schlösserstiftung achtet darauf, dass die Bildwerke sicher auf ihren Postamenten landen. Mit dem griechischen Dichter und dem Feldherren ist die Balustrade mit ihrem reichen Figurenschmuck fertig. Einnahmen aus der Schlössernacht machten es möglich. Die Stiftung erhält jährlich über 200 000 Euro aus dieser Quelle, einen großen Teil zwackte sie davon für die marmorne Balustrade ab.

Kathrin Lange zeigt ein Bild der Feldherren-Figur vor der Restaurierung mit deutlichen Spuren von Verwitterung. „Der Park mit seinen hohen Bäumen und den Wasserspielen begünstigt die Besiedelung mit Moosen, Flechten und Algen“, erklärt sie. Außerdem sei der Straßenverkehr, der mitten durch den Park führe, durch Staub und Erschütterungen eine erhebliche Belastung. Die Skulpturen waren nicht nur durch schadstoffbelastete Krusten, sondern auch durch Risse geschädigt. Besonders in den Fußbereichen war die Standsicherheit gefährdet.

Kathrin Lange spricht vom Marmor als einem „ganz besonderen Material“. Schwankungen der Temperatur und Vibrationen verursachten oft eine „innerstrukturelle Verwitterung“. Nur noch „Krümel“ würden vom Stein übrig bleiben. Mittels Ultraschallmessungen konnten die Restauratoren den Nachweis erbringen, dass bereits eine „Auflockerung des Kerngefüges“ bestand. Ein Totalverlust der wertvollen Kunstwerke drohte. Aus diesem Grunde ließen sie die vier Balustraden-Statuen bereits vor neun Jahren abbauen und im Skulpturendepot in der Lennéstraße in Sicherheit bringen.

Bereits 2011 war die Restaurierung der zentralen „Seelöwenfontäne“ abgeschlossen. Es handelt sich um ein ganz bemerkenswertes Meisterstück. Es sind fantasievolle Berliner Arbeiten von Julius Franz, Alexander Gilli und Eduard Stützel aus dem Jahre 1862. Sie sehen heute so frisch aus, als hätten die Steinbildhauer sie erst gestern fertiggestellt.Günter Schenke

Günter Schenke

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })