Landeshauptstadt: Rückkehr nach so manchem Kampf
Der 38-jährige Jochen Reinke ist der neue Jugendpfarrer der Evangelischen Kirche in Potsdam
Stand:
Seine neue Arbeit bringt für Jochen Reinke womöglich deutlich mehr Erfolgserlebnisse, als ihm in den vergangenen Jahren vergönnt waren: Der 38-Jährige ist seit Beginn des Jahres Jugendpfarrer der Evangelischen Kirche Potsdam – vorher hatte der studierte Gemeindepädagoge einen ähnlichen Job in Loitsche, einem Dorf nördlich von Magdeburg im Land Sachsen-Anhalt. „Das war manches Mal Kampf“, sagt Reinke. Er machte seine Arbeit in einer Gegend, in der Jugendliche vielfach wegziehen und dazu selten etwas mit Kirche und Glauben zu tun haben. „Ich musste bei Null anfangen.“
In Potsdam ist das anders. „Hier gibt es schon viele erfolgreiche Projekte, an die sich anknüpfen lässt“, sagt der Vater von zwei Kleinkindern, der Potsdam schon aus seinen Studienzeiten kennt. Unter anderem hat die Kirche erst im vergangenen Jahr das „El Centro“ eröffnet, den früheren Jugendklub „Nowawes“ im Stadtteil Zentrum-Ost. Länger schon gibt es das „Juks“, die evangelische Jugend- und Kinderstelle in der Gutenbergstraße 71, die „Zentrale“ für die Arbeit mit Jugendlichen im Potsdamer Kirchenkreis. Allerdings hatte die Kirche im vergangenen Jahr personelle Probleme in ihrer Jugendarbeit: Erst verließ die frühere Jugendpfarrerin Ulrike Mosch die Stadt, um sich innerhalb der Kirche beruflich neu zu orientieren. Danach gab der frühere Stadtkirchenpfarrer Markus Schütte nach Schlagzeilen zu seinem Privatleben sein Amt auf, obwohl mit seinem Wirken die Zahl der Konfirmanden in seiner Gemeinde enorm stieg und seine Jugendarbeit hochgelobt war. Jochen Reinke wird solche Lücken nun füllen müssen: „Ich sehe das als Herausforderung“, sagt er.
Beeindruckt in seinen ersten Potsdamer Wochen hat ihn, dass die Jugendlichen in der jungen Gemeinde sich auch in der Zeit der personellen Umbrüche organisiert haben. „Als ich hier anfing, hatten die Jugendlichen schon allein eine Ferienfahrt organisiert“, sagt Reinke. Dies sei in seinem Sinne: „Ich möchte mit Jugendlichen etwas gemeinsam gestalteten und ihnen nicht wie ein Pädagoge einfach Angebote vorsetzen.“ Verschiedene Ideen habe er im Kopf, geplant seien auch eine Segelsommerfahrt, das Sommerfest am „El Centro“ oder eine einwöchige Jugend-Wohngemeinschaft im „Juks“.
Wesentliche Prägungen für seine jetzige Arbeit hat Jochen Reinke erhalten, als er so alt war wie viele Jugendliche, mit denen er nun die Freizeit gestalten will. „Damals, als ich um die 17 Jahre alt war, habe ich gemerkt, dass sich etwas bewegen lässt.“ Es war die Zeit der friedlichen Revolution in der DDR, Reinke war in einer jungen Gemeinde in Ost-Berlin engagiert – gerade die Kirchen in der DDR galten als oppositionell. „Damals ist mir klargeworden, wie wichtig gesellschaftliches und politisches Engagement ist.“ Auch den „Zusammenhalt“ innerhalb der Kirche habe er schätzen gelernt, ebenso die Offenheit untereinander. Ziel seiner Tätigkeit sei es nun, Jugendliche mit dem Evangelium vertraut zu machen. „Sie sollen verstehen, was sie glauben“, zitiert Reinke einen Leitspruch für kirchliche Jugendarbeit.
Zehn Jahre versuchte Reinke solche Erfahrungen und Einsichten auch in Sachsen-Anhalt zu vermitteln – als nun die Stelle in Potsdam frei wurde, war die Zeit reif für einen Neuanfang. „Ich wollte mich verändern.“ Dieser Satz aus dem Mund von Jochen Reinke – er klingt, als freue sich der Jugendpfarrer wahrhaftig darüber, wieder in seiner Studienstadt Potsdam angekommen zu sein. H. Kramer
H. Kramer
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: