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Museumstag in Potsdam: Russensauna und Literatur

Kein schnoddriges „komm se rein“ schallte den Besuchern entgegen. Auch ein sinnfreies Hallo hörte man nicht.

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Kein schnoddriges „komm se rein“ schallte den Besuchern entgegen. Auch ein sinnfreies Hallo hörte man nicht. Stattdessen begrüßte Rainer Falk seine Gäste am Sonntagmittag mit der stilvollen Aufforderung: „Ich bitte einzutreten.“ Wer diesen wohl gewogenen Worten des Literaturwissenschaftlers folgte, stand sogleich inmitten jener Stätte, an der Forscher seit Jahren intensiv auf den Spuren des märkischen Großschriftstellers Theodor Fontane (1819–1898) schreiten. Das nach dem wandernden Literaten benannte Archiv, das seit 2007 in der Villa Quandt in der Großen Weinmeisterstraße 46/47 untergebracht ist, hatte anlässlich des Internationalen Museumstages am Sonntag seine Pforten geöffnet und Führungen durchs Haus angeboten.

Dass die feine Villa mehr zu bieten hat als nur Fontane in Büchern, Briefen und Bildern, wurde beim Gang durchs Haus schnell klar. Das Gebäude beherbergt im Keller eine ehemalige Sauna. Gebaut wurde sie im 20. Jahrhundert von den Sowjets, die bekanntlich das Gebiet unterhalb des Pfingstbergs bis hin zum Neuen Garten abgeriegelt hatten. Ein rostiger Ofen und ein Schwimmbecken zeugen noch von dieser Zeit. Die Mitarbeiter des Fontane-Archivs nutzen die Sauna nicht, wie Falk am Sonntag versicherte. Der rostige Ofen würde es wohl auch nicht mehr bringen.

Also zurück zu Fontane und seiner Potsdamer Gedächtnisanstalt: Hier wird unter anderem der Briefwechsel Fontanes erforscht und für die Öffentlichkeit aufbereitet. So erfuhren es die Besucher am Sonntag. Gegenwärtig bereite man die Veröffentlichung einer Sammlung von Briefen Fontanes vor, berichtete Falk. Und immer wieder biete man auf Auktionen mit, wenn dort Briefe des Schriftstellers angeboten werden. Wie Falk erzählte, koste ein Brief des prominenten Schnauzbartträgers im Durchschnitt zwischen 1500 und 3000 Euro.

Während am Sonntag die Mittagsführung durch das Fontane-Archiv nur etwas mehr als zehn Menschen anzog, konnte sich die schräg gegenüber gelegene Gedenkstätte Leistikowstraße über deutlich mehr Besucher freuen. Bis 13 Uhr zählte man hier etwa 100 Interessenten, die sich bei freiem Eintritt in dem einstigen Gefängnis des sowjetischen Militärgeheimdienstes informierten. Vor dem Museum hatten in der Leistikowstraße mehrere Fördervereine – unter anderem jene für das Lepsiushaus und den Pfingstberg – Stände aufgebaut.

Auch weitere Museen in Potsdam freuten sich am Sonntag über mehr Besucher als sonst. Schließlich gab es freien Eintritt. „Ich würde sagen, es ist ein bisschen mehr los“, sagte etwa Hannelore Herzog vom Filmmuseum. Deutlich mehr Besucher als sonst verzeichnete bereits am Mittag auch das Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte am Alten Markt. In ganz Brandenburg beteiligten sich rund 80 Häuser. Der vom Internationalen Museumsrat ausgerufene Tag soll  auf die Vielfalt von Museen aufmerksam machen. Holger Catenhusen

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