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Wanderfreuden. Der Bergbautourismusverein bietet ab Mai wieder bundesweit einzigartige Touren durch einen aktiven Tagebau an.

© Norbert Millauer/ddp

TAGEBAU WELZOW-SÜD: Saison ist eröffnet Wandern in einer Kraterlandschaft

Bundesweit einzigartige Touren durch einen aktiven Tagebau ab Mai wieder in Welzow

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Mit einem Aktionstag eröffnete der Bergbautourismusverein Welzow am Sonntag offiziell die Saison. Unter dem Motto „Tagebau live erleben“ haben in den nächsten Wochen Besucher Gelegenheit, das Gelände des Energiekonzerns Vattenfall auf unterschiedlichen Wegen zu erkunden. Touren zu Fuß, mit Fahrrädern, Quads, im Jeep, im Mannschaftstransportwagen und auf einer Kutsche werden angeboten. Möglich sind auch Rundflüge über den Tagebau Welzow-Süd mit einem Sportflugzeug. ddp

Weitere Informationen gibt es telefonisch beim Verein unter der Nummer 035751/275050 oder im Internet unter bergbautourismus.de

Welzow - Stück für Stück frisst sich der riesige Braunkohlebagger im Tagebau Welzow-Süd in Südbrandenburg in die Erde. Nur wenige Meter von der Förderbrücke entfernt hält der Mannschaftstransportwagen bei seiner Tour durch die bizarre Kraterlandschaft, die der Tagebau im Lausitzer Kohlerevier hinterlässt.

Aus dem gelben Bus können ab Mai wieder Besucher aussteigen, die den Bergleuten in rund 100 Metern Tiefe über die Schulter schauen wollen. Der Bergbautourismusverein bietet in Welzow (Oberspreewald-Lausitz) dann wieder bundesweit einzigartige Touren durch einen aktiven Tagebau an. Bereits am Sonntag wurde die Saison im Tagebau eröffnet.

Während in der Lausitz viele Menschen den Braunkohletagebau und die Kraftwerke verteufeln, arbeitet Karsten Feucht vom Bergbautourismusverein mit dem Energiekonzern Vattenfall Europe zusammen. Der Projektmanager entwickelte die Idee, aus den Schaufelbaggern Profit zu schlagen. „Anfangs sind wir dafür belächelt worden“, sagt Feucht. „Wanderungen durch den aktiven Tagebau waren undenkbar.“ Mittlerweile kommen Gäste aus ganz Deutschland und auch aus dem Ausland nach Welzow, um zu Fuß, mit Fahrrädern, Quads, im Jeep oder im Mannschaftstransportwagen den Tagebau zu durchqueren.

Die Touren dienten nicht dazu, dem Tagebau ein positives Image zu geben, betont Feucht. „Jeder soll sich sein eigenes Urteil bilden“, sagt er. „Die gigantischen Ausmaße können faszinierend, erschreckend oder begeisternd sein.“ Vor allem für Welzows Einwohner wird der immer näher rückende Tagebau mehr und mehr zur Belastung. In wenigen Jahren werden die Abraumbagger bis zu 300 Meter an die ersten Wohnhäuser heranrücken.

Schon heute ist nachts das Klappern der Schaufeln im fünf Kilometer entfernten Tagebau zu hören. „Der bis an die Stadtgrenze vordringende Tagebau bringt dem Ort riesige Probleme“, weiß Feucht. „Der Tourismus ist deshalb eine große Chance.“ Der Verein wolle aus diesem Grund in der 4000-Einwohner-Stadt ein Zentrum für Kultur und Tourismus aufbauen.

Noch verläuft das Leben in Welzow einigermaßen normal. Doch wenn Vattenfall seinen Anspruch geltend macht und das Teilfeld II südlich und südwestlich der Stadt beansprucht, wird der Ort in 20 Jahren von drei Seiten vom Tagebau umschlossen sein. „Die Belastungen für die Menschen sind dann unerträglich“, sagt Lutz Frauenstein, der im vergangenen Jahr mit 360 Welzowern einen Einwohnerantrag an die Stadtverordnetenversammlung stellte, um die Gesamtumsiedlung des Ortes prüfen zu lassen. Ein Ergebnis liegt bisher noch nicht vor.

Für den Bergbautourismusverein des Ortes spielen die Zukunftsszenarien erst einmal keine Rolle. „Wir müssen aus der aktuellen Situation das Beste machen“, sagt Feucht. Weltweit gibt es nach seinen Angaben wahrscheinlich nirgends die Möglichkeit, die Arbeiten in einem Tagebau aus solcher Nähe zu beobachten. Auf den geführten Touren gelangen die Gäste bis auf wenige Schritte an die 500 Meter lange, 200 Meter breite und 80 Meter hohe Förderbrücke des Typs F60 heran. Von hieraus erschließt sich das riesige Ausmaß der Grube. Mit dem Bus geht es weiter – vorbei an Abraumhalden und Kohlebändern. Zum Schluss steht eine kleine Wanderung durch die Innenkippe auf dem Programm, die mit einer Überraschung endet. Mitten im schwarzen „Grand Canyon“, wie Feucht das aufgeschüttete Gelände nennt, erhalten die Gäste auf einer weiß gedeckten Tafel einen kleinen Imbiss.

Lars Hartfelder

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