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Landeshauptstadt: Sammlung für neue Ausstellung beginnt

Zeitzeugen und Politiker eröffneten ehemaliges KGB-Gefängnis in der Leistikowstraße nach Sanierung

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Nauener Vorstadt - Die Zeichen sind noch heute in den Wänden sichtbar: Namen, die Anzahl der inhaftierten Tage oder auch die Beschuldigungen der russischen Besatzungstruppe. Es könnten Ritzereien der Zellennachbarn von Peter Seele sein, der 1952 in dem Haus inhaftiert war und im Nachbarhaus wegen angeblicher Spionage für die Amerikaner zu 25 Jahre Arbeits- und Erziehungslager verurteilt wurde. Heute lebt Seele in Potsdam und war am Sonntag einer der Besucher in der Gedenk- und Begegnungsstätte ehemaliges KGB-Gefängnis Leistikowstraße, die am Wochenende nach Sanierung und Wechsel des Betreibers wieder eröffnet worden ist.

Es gibt nur noch wenige Häuser angrenzend an den Neuen Garten und Schloss Cecilienhof, die an die jüngere Geschichte dieses Viertels erinnern. Wo vor einem halben Jahrhundert Todesurteile gesprochen wurden, in der Militärkapelle des Kaiserin Augusta Stifts, sind inzwischen Wohnungen entstanden. Nur ein Haus im ehemaligen „russischen Militärstädtchen 7“ sieht aus, als sei die Rote Armee gestern erst ausgezogen – das ehemalige KGB-Gefängnis in der Leistikowstraße. Kaum eine zweite sowjetische Haftanstalt dieser Art in Europa sei „in so beklemmender Authentizität erhalten“, sagte Günter Morsch. Er ist Direktor der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten und somit neben den Gedenkstätten Sachsenhausen und Ravensbrück auch für das Haus in der Leistikowstraße verantwortlich. Gemeinsam mit ehemaligen Häftlingen und der brandenburgischen Kulturministerin Johanna Wanka (CDU) hat er die Gedenkstätte am Samstag wieder eröffnet. Entstanden ist in den letzten Jahren ein Haus der Erinnerungen und ein neues Besucherzentrum – in den kommenden Monaten soll an einer Dauerausstellung gearbeitet werden.

Einen ersten Baustein für die neue Ausstellung hat Gedenkstättenleiterin Ines Reich bereits erhalten: Ein Bild, gemalt von Peter Seele. Er will Reich noch weitere Erinnerungsstücke aus seiner Zeit in diesem Knast und der Zeit im russischen Arbeitslager Workuta zeigen, unter anderem Bilder von den Zellen im Keller der Leistikowstraße. Seele erinnert sich unter anderem an einen Raum, in dem Schlafmatten gelagert worden sind, die allerdings seiner Erinnerung nach nicht zum Hinlegen gedacht waren. Seiner Ansicht nach hätten die Russen in diesem Raum „Leute abgeknallt“. Solche Aussagen, die bislang nicht belegt sind, will Ines Reich mit dem neuen Projektteam nachgehen. Eine wissenschaftliche Aufarbeitung sei geplant. Das Konzept sieht vor, das Leben der Insassen zu zeigen. Nicht allein in der Zeit der Haft, sondern von der Geburt bis heute, sagt Ines Reich. 70 ehemalige Häftlinge seien bislang namentlich bekannt, 60 deutsche und zehn russische. Um weitere zu finden, werde auch versucht die Beleg-Listen aus den russischen Archiven zu erhalten.

In den letzten Jahren ist dieser Ort der Geschichte vor allem wegen des Einsatzes ehemaliger Häftlinge, des Förderkreises und des Memorial e.V. erhalten geblieben. Sie haben eine erste Ausstellung zusammengetragen, das Haus vor dem Abriss bewahrt und es für Interessierte zugänglich gemacht. Inzwischen steht das Gebäude unter Denkmalschutz – allerdings nicht wie es im Ursprungszustand gebaut wurde, sondern wie es in den 1950er Jahren und später genutzt worden ist. Daher wurde für die Gedenkstätte das Gefängnis saniert, zudem entstand ein Neubau mit Besucherzentrum. Dafür flossen nach Ministeriumsangaben rund 2,3 Millionen Euro. Für die geplante Ausstellung sind 750 000 Euro von Bund und Land bereitgestellt.

Die zahlreichen Besucher am Wochenende – etwa 450 sollen es am Sonntag gewesen sein – waren beeindruckt vom Haus und der Gedenkstätte. „Es ist sehr bedrückend. Kaum vorstellbar“, sagt Rosemarie Prokoph aus Berlin nach ihrem Besuch. Aber „tief beeindruckend“. jab

Die Gedenkstätte öffnet an Wochenenden zwischen 11 und 17 Uhr. Führungen mit maximal 19 Personen finden jede volle Stunde statt. Gruppen und Schulklassen können das Haus nach vorheriger Anmeldung unter Tel.: (0331) 201 15 40 zudem mittwochs besuchen.

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