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Landeshauptstadt: „Sangen und tanzten“

HelferInnenkreis unterstützt Angehörige von Demenzkranken

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HelferInnenkreis unterstützt Angehörige von Demenzkranken Von Nicola Klusemann Diagnose Alzheimer. „Das kann doch gar nicht sein, doch nicht bei meiner Mutti“, schildert Ruth B.* ihr erstes Verdrängen. Ihre 75-jährige Mutter sei zwar ein bisschen vergesslich gewesen, aber zunächst führte Ruth B. das auf ihr Alter zurück. Per Zufall, ihre Mutter war wegen einer Kreislaufschwäche ins Krankenhaus kommen, stellte sich die Demenzkrankheit heraus. Ein Arzt klärte die Tochter auf. „Vorher hatte ich mich damit ja nicht beschäftigt.“ Jetzt war sie plötzlich Betroffene und musste die Betreuung ihrer Mutter organisieren – parallel zum eigenen Job. Eine Tante brachte Ruth B. auf die Idee, sich nach einem betreuten Wohnplatz zu erkundigen. „Mein Vater wollte die Krankheit nicht akzeptieren, nahm meiner Mutter alle Aufgaben ab – ein Fehler“, wie die Tochter gelernt hat. Solange Menschen beschäftigt sind, bewegt sich etwas in ihrem Kopf. Das sei besonders bei Demenzkranken wichtig, damit man das schwächer Werden der Gedächtnisleistung ein wenig aufhalten kann. Als ihre Mutter die eigene Wohnung bezog, bekam sie „Arbeitsaufträge“ von ihrer Tochter. Drei Tage in der Woche besuchte Ruth B. die Mutter, einen Tag ihr Bruder und einen Tag ihr Vater. Trotzdem kam die betreuende Tochter an ihre Grenzen. „Die Sorge, dass meine Mutter zu Hause saß und auf mich wartete, belastete mich enorm.“ Über die Alzheimer-Gesellschaft erfuhr sie von der Beratungsstelle für Alzheimerkranke und deren Angehörige im Evangelischen Seniorenzentrum „Emmaus-Haus“. In der Einrichtung in Trägerschaft des Landesausschusses für Innere Mission (LAFIM) traf sie auf viel Verständnis und lernte hier auch den HelferInnenkreis kennen. In dem befinden sich Menschen, die pflegende Angehörige stundenweise entlasten, in dem sie sich mit den Kranken beschäftigen. Man schaue sich genau an, wer zu wem passt. „Bei meiner Mutter fand sich eine optimale Konstellation.“ Eine früh verrentete Kindergärtnerin kümmerte sich einmal in der Woche um die kranke 75-Jährige. „Es war enorm: Die Beiden sangen und tanzten zusammen oder haben genäht und gestrickt“, erzählt Ruth B. Die alten Frauen wurden Freundinnen, bis die Mutter von Ruth B. starb. Im Kreis sind zurzeit sechs geschulte Helfer und Helferinnen, sagt Kaatz. Bevor sie eingesetzt würden, gebe es einen 30 Stunden umfassenden Kurs, der die Frauen und Männer auf die Arbeit mit Demenzkranken vorbereitet. Wichtigste Voraussetzung sei Geduld, „am besten gepaart mit Lebenserfahrung und Zuverlässigkeit“, erklärt die Leiterin der Beratungsstelle. Der Einsatz sei nicht Ehrenamtlich. Vielmehr bezögen die Freizeitgestalter einen kleinen Obolus von sieben Euro die Stunde, der von den Betroffenen über das Pflegeleistungsergänzungsgesetz abgefordert werden könne, so Kaatz. Man schätzt, dass allein in Potsdam 1600 Demenzkranke leben, von denen 60 Prozent an Morbus Alzheimer leiden. Etwa zwei Drittel der Patienten würden zu Hause gepflegt. Das sei wichtig, führe die Angehörigen aber häufig an die Grenze der Belastbarkeit. Darum habe man den HelferInnenkreis ins Leben gerufen. * Name von der Redaktion geändert Weitere Infos gibt es in der Beratungsstelle im Emmaus-Haus, Eisenhartstraße 14 -17 oder unter Tel.: (0331) 27187-0.

Nicola Klusemann

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