Landeshauptstadt: Sänger und Sammler
Kleine Könige besuchten am Montag Stadtschloss und Stadthaus. Die Sternsinger sammelten für Flüchtlingskinder
Stand:
Die gläserne Automatiktür im Rathaus steht nicht still. Immer wieder öffnet sie sich brummend für Besucher, die meisten wollen zum Bürgerservice. Auch Menschen, die die Not aus ihrer Heimat nach Deutschland getrieben hat, haben hier etwas zu erledigen. In diesem Gewimmel stehen dort am gestrigen Montag drei in bunte Umhänge gekleidete Teenager, singen Lieder und sammeln Spenden – für Flüchtlingskinder in Afrika.
Seit 13 Jahren kommen die Potsdamer Sternsinger auch ins Stadthaus, diesmal genau am Dreikönigstag, mit dem laut Kirchenkalender die Weihnachtszeit endet. Und wie in jedem Jahr gibt es den Segen der Gesandten nicht umsonst. 2014 wird für Flüchtlingskinder im südostafrikanischen Malawi und anderen politischen Brennpunktländern gesammelt. Die Sternsinger-Aktion ist die deutschlandweit größte von Kindern durchgeführte Spendensammelaktion.
Die Kinder der katholischen Antonius-Gemeinde in Babelsberg werden dazu am kommenden Wochenende losziehen. Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) bekam bereits gestern Besuch von einem Sternsinger-Trupp: Fast 60 Kinder der katholischen Gemeinde St. Peter und Paul und aus evangelischen Gemeinden waren in den vergangenen Tagen in ganz Potsdam unterwegs, von Bornstedt bis Waldstadt, in Golm und Mitte. Sie klapperten die Straßen ab, hoch und runter, klingelten an den Häusern und boten ihren Segen an. „Es ist ein bisschen wie Halloween, nur dass wir keine Süßigkeiten wollen, sondern Spenden für Malawi“, sagte gestern Felix Wemhoff.
Der 16-Jährige ist der älteste der drei, die für die Aktion im Rathaus sogar schulfrei bekommen haben. Jonas Reiche, 14 Jahre alt, wie Felix Schüler des Evangelischen Gymnasiums Hermannswerder, und der elfjährige Laurens Amrhein von der Evangelischen Grundschule Babelsberg tragen Mantel, goldene Pappkronen und einen Sternenstab. Und noch etwas haben sie immer dabei: einen hochoffiziellen Sammlerausweis. Es komme schon mal vor, dass jemand den sehen will, sagt Maria Rontschka. Die Gemeindereferentin begleitet die Jungs. Das tut auch dem Gesang gut: „Wir haben vorher viel geübt“, sagt einer der drei, aber Teenager im Stimmbruch sind bei Singaktionen dieser Art in der Regel im Nachteil.
Doch wichtig und gut ist, dass sie überhaupt da sind und sich engagieren. Bürgermeister und Hausherr Jakobs – immer noch erkältet und mit Sicherheit auf Segen angewiesen – ist mit einigen Kollegen der Stadtverwaltung ins Foyer gekommen. „Ihr sprecht ein aktuelles Thema an“, sagt er zu den jungen Leuten. 17 000 Flüchtlinge gibt es derzeit in Malawi, und um deren Not zu lindern oder hier angekommenen Flüchtlingen eine oft aufwendige und teure Therapie zu ermöglichen, dazu wolle auch er beitragen.
Wofür das Geld – im vergangen Jahr kamen in ganz Deutschland 41 Millionen Euro zusammen – verwendet werden könnte, erklären die Jungs selbst. Sie haben symbolische Dinge mitgebracht: Ein Ziegelstein steht für die verlorene Heimat, Scherben für eine zerbrochene Zukunft. Ein Krug symbolisiert die Vielzahl vergossener Tränen, ein warmes Tuch ein Minimum an Halt und Geborgenheit, das den Flüchtlingen zukommen müsse. Aber die brauchen auch Bildung, Schulen in den Flüchtlingslagern, dazu halten die drei Könige ein Buch hoch. Der leere Brotkorb erklärt sich von selbst.
„Wir haben uns richtig auf die Sammelaktion vorbereitet“, sagt Felix Wemdorf. Dazu haben sie einen Film gesehen über die Zustände in den Lagern, sehr beeindruckend sei das gewesen. Sie könnten sich auch andere Freizeitaktivitäten vorstellen, aber für diesen Zweck wollten sie sich engagieren. Und der Oberbürgermeister lässt sich nicht lumpen, packt wie seine Kollegen einiges in die Sammelbüchse. Bisher seien 3500 Euro zusammen gekommen, sagt Maria Rontschka, und die Hälfte der Büchsen muss erst noch ausgezählt werden. Im letzten Jahr sammelten die Potsdamer Sternsinger mehr als 6000 Euro. Im Gegenzug bekommt das Rathaus den Haussegen, der mit einem praktischen Aufkleber, 20*C+M+B+14, über dem Eingang manifestiert wird. „Wir haben aber auch Kreide dabei für die Traditionalisten“, sagt Maria Ronschka. Jakobs freut sich: „Vielleicht hilft das bei unserer Entscheidungsfindung.“
Am Ende ist es doch ein bisschen wie Halloween. Der OB hat reichlich Schokolade mitgebracht, die Sternsinger wollen das aufteilen, und den großen Rest – „Wir bekommen ja öfter mal was“ – an die Tafel spenden. Und noch etwas hat ihnen der Termin gebracht. Als Jakobs hört, dass viele der Sänger Pfadfinder sind und der Potsdamer Stamm der Sankt-Georgs-Pfadfinder dringend nach einem Domizil sucht, verspricht er, sich dafür einzusetzen. „Eine paar Räume mit Garten wären schön, wir sind ja gern draußen“, sagt Laurens Amrhein.
Spenden kann man außerdem über die Internetseite www.sternsinger.de oder direkt bei den Pfarrämtern. Dort gibt es auch noch Segensspruch-Aufkleber.
- Afrika
- Jugend
- Potsdam: Babelsberg
- Potsdam: Bornstedt
- Potsdam: Golm
- Schule
- Schule und Kita in Potsdam
- SPD
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: