
© A. Klaer
Von Erhart Hohenstein: Sanssouci ohne Nachtwache
Schlösserstiftung will ab Januar die Streifendienste abschaffen / Schloss wäre erstmals in der Geschichte nachts unbewacht
Stand:
Sanssouci - Ab Januar 2011 werden nach PNN-Informationen nachts im Park Sanssouci keine Parkwächter mehr Streife laufen. Mit dieser Entscheidung der Generaldirektion der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten bleiben die Potsdamer Welterbeparks zum ersten Mal in ihrer mehr als zweieinhalb Jahrhunderte andauernden Geschichte die Nacht über weitgehend unbewacht.
Ab dem 19. Jahrhundert war für die Nachtwache eine 70-köpfige Schlossgardekompanie eingesetzt. Bis über die Wende hinweg nahmen Parkwächter die Aufgabe wahr. Dann wurde sie der „Fridericus Servicegesellschaft für Dienstleistungen in den Preußischen Schlössern und Gärten“ übertragen, in die 2006 rund 140 zuvor fest angestellte Stiftungsmitarbeiter ausgegliedert worden waren.
Auf Nachfrage bestätigte jetzt Fridericus-Geschäftsführer Mike Thiede die Pläne für ein Ende der Nachtwache in Sanssouci. Vornehmlich die Haltung der mitgeführten Wachhunde stelle eine erhebliche finanzielle Belastung dar. Entlassungen von Wachpersonal werde es aber nicht geben, die betroffenen Mitarbeiter würden umgesetzt, so Thiede. Dass eventuell befristete Arbeitsverträge nicht verlängert werden, wollte er nicht ausschließen. Dies sei jedoch in der Wirtschaft ein normaler Vorgang.
Die Fridericus Servicegesellschaft, die von der Schlösserstiftung gemeinsam mit der Dussmann Beteiligungs- und Managementgesellschaft mbH betrieben wird, erhält die Aufträge von der Generaldirektion der Stiftung. So verhalte es sich auch mit der Streichung der Nachtwachen, erklärte Thiede, der selbst Angestellter der Stiftung ist. Da Sicherheitsfragen für den Berlin-Potsdamer Welterbebereich hohe Brisanz besitzen, gehe man mit solchen Entscheidungen ungern in die Öffentlichkeit. Offensichtlich hat die Generaldirektion von ihrem Entschluss nicht einmal die Mitarbeiter der Gartendirektion informiert, die für die Erhaltung und Pflege der hochrangigen historischen Anlagen verantwortlich sind. Kurz angebunden wies Gartendirektor Michael Rohde eine PNN-Anfrage ab, da die Bewachung nicht in seinen Kompetenzbereich falle. Leitende Mitarbeiter seiner Abteilung zeigten sich überrascht, sie erfuhren von der Absicht der Generaldirektion erst aufgrund der PNN-Nachfrage.
Noch 2006 hatte Heinz Berg, der Verwaltungschef der Stiftung, in einem Interview die „Rückkehr zum guten alten Parkwächter“ angekündigt, der sich „als Respektsperson mit Herzblut und vielfältigen Kenntnissen für den Schutz der Anlagen engagiert“. Dafür hatte er eine „zahlenmäßig stärkere Stammbesetzung“ angekündigt. Auf diese Weise solle der „schleichenden Aushöhlung der Parkordnung und der damit einhergehenden Erosion an Respekt gegenüber einem einzigartigen Gartendenkmal“ entgegen gewirkt werden. In diesem Zusammenhang verwies der stellvertretende Generaldirektor auf nächtlichen Vandalismus bis hin zu Picknicks am Lagerfeuer.
Ausschließlich nachts haben bisher spektakuläre Einbruchsdiebstähle in die Schlösser stattgefunden. So entwendeten zur DDR-Zeit 1977 westdeutsche Täter ein Gemälde, um damit einen politischen Häftling freizupressen. Adlerskulpturen wurden vom Gartenportal des restaurierten Schlosses Lindstedt gestohlen. Auch das Rote Haus im Neuen Garten war von einem Einbruch betroffen. Den Höhepunkt stellte jedoch 1997 der Diebstahl von Caspar David Friedrichs weltberühmtem Gemälde „Ein Hafen“ aus dem Schloss Charlottenhof dar. Die Täter waren problemlos durch Aufhebeln eines Fensters eingedrungen. Das in einer Zentrale sitzende Wachpersonal für die Schlösser kam nach Anschlagen des Bewegungsmelders jedes Mal zu spät. Aber auch kleinere Straftaten konnten nicht verhindert werden. So wurden 2008 in zwei Nächten neun der 25 Automaten aufgebrochen, die die Stiftung für den freiwilligen Parkeintritt aufgestellt hat. Die Wachkräfte bemerkten diese Taten früh um vier Uhr und in einem Fall erst um 10 Uhr.
Auch wenn die nächtliche Parkbewachung nun aufgeben werden soll, sieht Fridericus-Geschäftsführer Thiede die Sicherheit weiter gewährleistet. Es fände nur eine „Umstrukturierung“ statt, erklärte er. Künftig soll „bereichsübergreifend“ in den Anlagen ein Revierfahrzeug eingesetzt werden. Der Fahrer „könne auch Kontrollaufnahmen wahrnehmen“. Nähere Angaben machte Thiede nicht – beispielsweise dazu, wie künftig nur fußläufig zugängliche Parkteile überwacht werden sollen. Nötig sei zweifellos, die Parktore nachts zuverlässig zu verschließen. Dies geschieht, wenn überhaupt, ab 22 Uhr. Ärger bereiteten mit Schlüsseln ausgestattete Mieter von Stiftungswohnungen, die nach Einfahrt in den Park die Tore nicht wieder verschließen.
Das Video wurde uns freundlicherweise von PotsdamTV zur Verfügung gestellt.
Erhart Hohenstein
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