Landeshauptstadt: Sanssouci ohne Pantoffeln
Erstmals darf das Schloss mit Straßenschuhen betreten werden / Läufer schützen die Fußböden
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Sanssouci - Erstmals ohne Pantoffeln dürfen ab sofort die Besucher ins Schloss Sanssouci. Damit die Straßenschuhe die edlen Marmor- und Holzfußböden nicht gefährden, wurden diese mit bräunlichen Läufern ausgelegt. Bis auf Restflächen im Vestibül und im Marmorsaal ist die Verlegung abgeschlossen. Sie ist Teil eines neuen Konzeptes der Besucherlenkung, das die Generaldirektion der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten noch unter Verschluss hält. Es soll Anfang Mai der Öffentlichkeit vorgestellt werden.
„Sanssouci ohne Pantoffeln“ ist ein Pilotprojekt der 2004 zum besseren
Schutz der historischen Fußböden gebildeten Projektgruppe, der Denkmalpfleger, Schlosskastellane, Restauratoren und eine Verwaltungsmitarbeiterin angehören. Schon vor vier Jahren war vor dem Besuchereingang von Sanssouci eine so genannte „Sauberlaufzone“ zur Reinigung der Schuhe angelegt worden. Der etwa 10 Meter lange Laufsteg besteht aus einer Klinker-Pflasterung und in die Laufstrecke eingefügten Borstenabtretern. Sie besitzen Anschlüsse an die Regenentwässerung und können zum Säubern herausgenommen werden.
Die Projektgruppe war auf Anregung von Stefan Klappenbach gebildet worden. Der Steinrestaurator hatte festgestellt, dass die Pantoffeln keinen geeigneten Schutz für die Fußböden bieten. Aus ihnen rieselt der an den Schuhen mit herein getragene Sand hinten heraus und setzt sich in den Sohlen der Nachfolgenden fest. Die polieren dann die Fußböden und schleifen sie auf Millimeterstärke ab, was langsam, aber unaufhaltsam zu deren Zerstörung führt. Verschärfend wirkte sich aus, dass in Pantoffeln nicht gelaufen, sondern geschlurft wird.
Das Problem betrifft insgesamt 3500 Quadratmeter Fläche im Schloss Sanssouci, im Marmor- und im Grottensaal des Neuen Palais, im Marmorpalais und in der Friedenskirche. Wenn das Pilotprojekt erfolgreich verläuft, könnte es auf weitere Schlösser ausgedehnt werden. Möglich sind jedoch auch andere Lösungen. So wurde in der Bildergalerie über die erhaltenen Reste des historischen Steinfußbodens eine Glasbrücke gezogen. Im Schloss Caputh wird erfolgreich ein Sohlenreinigungsgerät eingesetzt. Plastiküberzüge für die Schuhe könnten allenfalls bei Sonderveranstaltungen verwendet werden, da sie als Wegwerfartikel relativ teuer sind und eine aufwändige Entsorgung nach sich ziehen.
Besucherpantoffeln sind bereits auf einem um 1870 entstandenen, kürzlich wieder entdeckten Foto des Raffelsaals in der Orangerie zu erkennen, haben also eine fast 140-jährige Tradition. Generell sind sie wohl nach Gründung der staatlichen Schlösserverwaltung 1926 eingeführt worden. Historische Fotos belegen aber, dass bereits damals auch Läufer zum Einsatz kamen. Heute stehen für die Besucher der Potsdamer Schlösser etwa 1100 Paar Pantoffeln bereit, davon im Neuen Palais 350, im Marmorpalais 250 und in den Neuen Kammern 200. Die 180 für Schloss Sanssouci wurden nunmehr abgeschafft.
Der Schutz der kostbaren Fußböden ist für die heutigen Welterbeschlösser in Potsdam und Berlin schon seit langem ein Problem. So wurde in den Kellern des Neuen Palais eine kastenförmige Maschine aus den 1920er Jahren aufgefunden, die der Pantoffelreinigung diente. Hier wurden die Überschuhe hinein geworfen und mittels zweier elektrisch betriebener Lederriemen „ausgeklopft“. Sehr effektiv kann diese Methode nicht gewesen sein, da sie jeweils erst nach dem Schlossbesuch zum Einsatz kam.
Erhart Hohenstein
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